Albert Kern ist Präsident des Bundesfeuerwehrverbands und des steirischen Landesverbands.

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Kern will sich u.a. darum kümmern, dass Feuerwehrleute von ihren Dienstgebern freigestellt werden und Ausbildungen auch für den Beruf angerechnet werden.

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Anfang September wurde gewählt: Der steirische Landeskommandant Albert Kern wurde mit 84 Prozent der Deligiertenstimmen zum Präsidenten des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbands gewählt. Gleich zu Beginn kritisierte er auf Ö1 die Pläne von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ), wonach Soldaten für zwei Wochen Katastropheneinsatz eine Prämie erhalten sollen. Laut Kern wäre das sehr schlecht für die Motivation von Feuerwehrleuten, die ehrenamtlich und gratis arbeiten. Denn: An Katastrophen solle man kein Geld verdienen.

Im Gespräch mit derStandard.at erzählt er von seinen anderen politischen Visionen, Kooperationen mit Dienstgebern von Feuerwehrleuten und wie er Jugendliche bei der Stange halten will.

derStandard.at: Es gibt neun Landesfeuerwehrkommanden. Wieso braucht es da überhaupt einen Präsidenten des Bundesfeuerwehrverbandes?

Kern: Der Föderalismus der Feuerwehr begründet sich darin, dass Katastrophenschutz, Brandschutz und technische Hilfeleistung Sache der Länder sind. Die Aufgabe des Bundesfeuerwehrverbandes ist es, die einzelnen Verbände zu koordinieren, Gemeinsamkeiten zu finden und als Sprachrohr zu dienen.

derStandard.at: Wann war es wichtig, dass es einen Präsidenten gegeben hat?

Kern: Der Bundesverband ist das Bindeglied zwischen Regierung und Feuerwehr. Das ist aktuell etwa beim Katastrophenschutz und Zivildienst wichtig. In der Vergangenheit wurde unter anderem der Führerschein für Feuerwehrleute durchgesetzt. Seither darf man mit dem B-Führerschein und einer speziellen Schulung auch Fahrzeuge von bis zu 5,5 Tonnen lenken.

derStandard.at: Vermitteln Sie auch, wenn es zu Konflikten zwischen den einzelnen Landesfeuerwehrverbänden kommt?

Kern: Das ist Ländersache. Die müssen ihre Konflikte selbstständig regeln, wenn es solche geben sollte. Natürlich kann man als Präsident vermitteln, Gespräche führen und als Mentor dienen. Meine Handlungsfreiheit ist aber beschränkt. Ich habe kein Recht, direkt auf die Agenden der Länder zuzugreifen. Der Bundesverband kann nur appellieren.

derStandard.at: Es gibt auch neun verschiedene Landesfeuerwehrgesetze. Planen Sie, diese zu vereinheitlichen?

Kern: Das ist nicht mein Ziel. Sollte es Bedarf geben, werden die Länder sicher aktiv werden. Aber dafür braucht es eine größere Reform in der gesamten Republik, weil andere Gesetze, die nicht unbedingt mit der Feuerwehr zu tun haben, damit verbunden sind.

derStandard.at: Welche Ziele wollen Sie unbedingt erreichen?

Kern: Primär möchte ich mit Vertretern der Wirtschaft über Dienstfreistellungen von Mitgliedern der Feuerwehr verhandeln - auch darüber, was die Wirtschaft dafür im Gegenzug bekommt. Dabei sollen auch Pensionsanrechnungsmodelle oder Steueranreizsysteme für Freiwillige wichtige Themen sein. Wenn schlussendlich eine Win-win-Situation für Wirtschaft und Feuerwehr daraus wird, ist das ein großer Fortschritt.

derStandard.at: Der oberösterreichische Rechnungshof tritt in seinem Bericht "Feuerwehr 2030" für eine stärkere Aufgabendifferenzierung ein. Der Direktor des Landesrechnungshofs äußerte Medien gegenüber die Idee, dass manche Feuerwehren ausschließlich für den Katastropheneinsatz oder für Unterstützungsleistungen eingesetzt werden.

Kern: Wie wir dann unsere Freiwilligen in Zukunft motivieren sollen, steht aber nicht in dem Bericht. Man kann an ein ehrenamtliches System nicht dieselben wirtschaftlichen Maßstäbe anlegen wie an ein privatwirtschaftliches System. Man kann über Reformen sprechen, aber jedes technisches Gerät und jedes Fahrzeug muss auch bedient werden. Es hilft nichts, wenn die Ausrüstung da ist, die Freiwilligen aber fehlen. In Oberösterreich gibt es bereits viele Stützpunktfeuerwehren. Dieses Konzept wollen wir bundesweit ausbauen. Das würde auch helfen, Geld zu sparen.

derStandard.at: Dieses Modell bedeutet, dass etwa eine Großpumpe für den Hochwassereinsatz bei einer Feuerwehr steht und bei Bedarf auch woanders zum Einsatz kommt. Ziehen Sie das Konzept den Feuerwehrzusammenlegungen vor?

Kern: Ja, aber dafür braucht man auch mehr Personal. Irgendjemand muss die Pumpe ja bedienen können. Punkto Zusammenlegungen unterstützen wir betroffene Feuerwehren, wenn sie das wollen. Das funktioniert nicht, wenn das eine übergeordnete Stelle beschließt. Damit sägt man am Ehrenamt und die Freiwilligen geben auf, weil sie demotiviert sind.

derStandard.at: Apropos verloren gehen: Gibt es Konzepte, um mehr Jugendliche fürs Ehrenamt zu motivieren? Anders gefragt: Hat die Feuerwehr ein Nachwuchsproblem?

Kern: Die Feuerwehrjugend ist gut aufgestellt. Wir werden aber in der Jugendarbeit unsere Aktivitäten verstärken. In Oberösterreich gehen die Feuerwehrmitglieder in Schulen und stellen die Jugendarbeit vor. Wenn wir genügend Erfahrungen mit dem Konzept gesammelt haben, setzen wir das sicher auch in anderen Bundesländern um.

derStandard.at: Die meisten Jugendlichen gehen beim Übertritt von der Jugendfeuerwehr in den aktiven Einsatzdienst verloren - also im Alter von etwa 15 Jahren.

Kern: Das ist richtig. Beim Übergang in die Oberstufe oder in den Beruf gehen uns viele verloren, weil sich oft die Interessen verschieben und sie weniger Zeit haben. Hier ist es wichtig, dass wir den Kontakt zu den Jugendlichen halten, denn nach einer bestimmten Ausbildungsphase sind sie wieder bereit, aktiv ins Feuerwehrgeschehen einzusteigen.

derStandard.at: Viele Feuerwehrleute absolvieren während ihrer Ausbildung Kurse, etwa Führungskonzepte, Vorbereitung von Übungen oder Sprechen vor großen Gruppen. Gibt es einen Plan, dass man sich die Kurse künftig für den Beruf anrechnen lassen kann?

Kern: Daran arbeiten wir massiv. In den Feuerwehrschulen werden gerade die verschiedenen Ausbildungen harmonisiert, damit man sie auch miteinander vergleichen kann. Künftig soll es möglich sein, dass Diplome ausgestellt und damit die Ausbildungen im Berufsleben anerkannt werden. Zurzeit kommt es noch auf die Bereitschaft des Arbeitgebers an, ob er die Ausbildungen anerkennt. Diesen Punkt werde ich auch mit den Vertretern der Wirtschaft besprechen. (Bianca Blei, derStandard.at, 4.10.2012)