Wie gefräßig Schwarze Löcher sind, lässt sich laut Astronomen schon an der Färbung der Quasare erkennen: Je röter, umso mehr Materie wird aufgesaugt.

Foto: ESO/M. Cornmesser

Deutschen Wissenschaftlern ist der direkte Nachweis gelungen, wie Schwarze Löcher die Entwicklung ihrer Mutter-Galaxien beeinflussen. Sie konnten nachweisen, dass die Sternentstehungsrate in Galaxien bis zur Zündung eines Quasars wesentlich höher ist als danach. Die Beobachtung der Geburt eines Quasars mit den Weltraumteleskopen Hubble und Spitzer lieferte dabei den entscheidenden Durchbruch. Die Ergebnisse wurden nun im "Astrophysical Journal" veröffentlicht.

Quasare sind extrem energiereiche und daher sehr hell leuchtende Regionen um aktive Schwarze Löcher in Zentren aktiver Galaxien. Tanya Urrutia vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) und ihr Team hat es geschafft, die Wechselwirkung zwischen dem Schwarzen Loch im Zentrum und der Muttergalaxie im entscheidenden Augenblick - der Geburt eines Quasars - zu beobachten. "Quasare spielen die entscheidende Rolle in der Galaxienentwicklung und bestimmen die Eigenschaften der massiven Galaxien in unserem lokalen Universum, da sie das Verhältnis von Muttergalaxie und Sternentstehungsrate regulieren", so Urrutia.

Aktivste Sternentstehungsrate vor dem Wachstum des Schwarzen Lochs

Insgesamt untersuchten die Forscher dreizehn leuchtkräftige Quasare in einer Entfernung von etwa sechs Milliarden Lichtjahren, als das Universum rund halb so alt war wie das jetzige. Bei der Verschmelzung von zwei Galaxien zu einer größeren strahlt das aktive Schwarze Loch Energie und Winde in die Muttergalaxie und den Kosmos. Die Arbeit zeigt, wie diese Energie die Sternentstehungsraten in der Muttergalaxie beeinflusst und dass die Quote nach der Zündung eines Quasars deutlich abnimmt. In der zeitlichen Abfolge der allgemeinen Galaxienentwicklung scheint es so zu sein, dass die aktivste Sternentstehungsrate stets vor dem Wachstum des Schwarzen Loches erfolgt. "Der Anfang der Sternentstehung geht der Zündung des Quasars voran", bestätigt Urrutia.

Klein, aber mit großer Wirkung

Obwohl Quasare extreme Energien freisetzen und man sie über Milliarden von Lichtjahren sehen kann, ist ihre physikalische Größe recht klein - zumindest im Vergleich zu ihrer Muttergalaxie. Die Strahlungsregion hat etwa die Größe unseres Sonnensystems während die Galaxie ein Ausmaß von zehntausenden von Lichtjahren haben kann. "Es ist erstaunlich, dass etwas, das auf einer sehr kleinen Skala passiert, die große Muttergalaxie so sehr beeinflussen kann", sagt Urrutia. "Es ist, als ob jemand, der mit einem Stock am Strand spielt, das Verhalten aller Weltozeane beeinflussen und bestimmen würde."

Aufwendige Beobachtungskampagnen

Bisherige Versuche, Quasare in der entscheidenden Phase ihrer Geburt zu beobachten, scheiterten oft daran, dass das Licht der Quasare durch erhebliche Vorkommen von Staub verdunkelt und gerötet wurde. Staub wiederum absorbiert das ultraviolette sowie optische Licht und strahlt dieses in infraroten Wellenlängen zurück. Erst die jetzt aufwendig durchgeführten Beobachtungskampagnen mit dem größten Teleskop der Welt ("Keck") ermöglichten den Wissenschaftlern, junge Quasare in einer statistisch relevanten Anzahl zu beobachten.

Je röter, desto mehr Materie wird aufgesaugt

Die Astronomen studierten auch, wie gefräßig Schwarze Löcher sind, also mit welcher Rate die Materie in das Schwarze Loch fällt. Mit dem Spitzer-Weltraumteleskop sahen die Forscher, dass je röter ein Quasar ist, er umso mehr Materie aufsaugt. Sie wurden damit Zeugen einer Phase in der sich Galaxien und Quasare gemeinsam entwickeln und in der die physikalischen Eigenschaften beider miteinander verbunden sind.

Differenz bei jungen Quasaren

Bereits im Vorfeld zu dem jetzt veröffentlichten Paper hatten Astronomen eine Beziehung zwischen der Masse des zentralen Schwarzen Loch und der Leuchtkraft der Muttergalaxie festgestellt ("Magorrian-Relation"). Es scheint, als ob die Schwarzen Löcher im Verhältnis zu den anderen Prozessen in ihren Muttergalaxien, welche durch die Galaxienkollision in Gang gesetzt wurden, sich langsamer entwickeln. Bei jungen Quasaren wurde diese Beziehung nicht beobachtet. (red, derStandard.at, 27.9.2012)