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Jährlich werden in Österreich rund 1700 Kinder geboren, die über eine künstliche Befruchtung gezeugt wurden.

Foto: REUTERS/KACPER PEMPEL

Wäre Idas letzter Versuch, schwanger zu werden, wieder misslungen, dann hätte sie die Koffer gepackt, um sich in Budweis eine Eizellenspende zu holen. Musste sie aber nicht: Ihre künstliche Befruchtung gelang schließlich doch noch und sie konnte ihre Tochter Dora auf die Welt bringen. Rund 1700 Kinder werden jährlich im Rahmen einer künstlichen Befruchtung gezeugt. Doch wenn diese scheitert oder gar nicht möglich ist, bleibt den betroffenen Frauen, um selbst schwanger werden, nur eine Eizellspende übrig.

Bioethikkommission will Zulassung...

In Österreich ist dieser Eingriff bisher verboten. Mit der letzten Empfehlung der Bioethikkommission (BEK) ist aber wieder Bewegung in die Diskussion geraten: 15 von 25 Mitgliedern der BEK sprechen sich für eine Zulassung von Eizellenspenden aus. Die Methode ist für Frauen, die keine oder nicht mehr genügend körpereigene Eizellen für eine Befruchtung zur Verfügung haben. Die Eizellen einer Spenderin verschmelzen dabei im Rahmen einer sogenannten In-Vitro-Fertilisation (IVF) im Reagenzglas mit dem Samen des Partners und werden anschließend in die Gebärmutter eingesetzt.

...unter bestimmten Bedingungen

Schon im Juli dieses Jahres kam eine Mehrheit der BEK zu dem Schluss, das Verbot verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz: Schließlich dürften auch unfruchtbare Männer eine Samenspende in Anspruch nehmen, warum dann also keine Eizellenspende für Frauen? Zwei österreichische Paare brachten deswegen schon Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein, scheiterten 2011 aber in zweiter Instanz. Die Mehrheit der BEK setzt sich nun für eine Zulassung ein - allerdings nur für Frauen im "biologisch-reproduktivem Alter", das auf maximal 48 Jahre beschränkt sei. Zwei weitere Bedingungen nennt die Kommission: Die Eizellenspenderin dürfe "keinen Gewinn" machen und das Kind soll - wie derzeit auch bei einer Samenspende - mit 14 Jahren wissen dürfen, wer sein "biologischer" Elternteil sei.

"Zahnlose Empfehlung"

Andreas Obruca und Heinz Strohmer, die beiden ärztlichen Leiter des Wiener Kinderwunschzentrums "Goldenes Kreuz" halten das zwar für einen Schritt in die richtige Richtung. Die Empfehlungen der Bioethikkommission beurteilen sie aber als zahnlos: "Wenn es nur eine minimale Aufwandsentschädigung für die Spende gibt und das nicht anonym ist - wer macht das dann? Mit so einem Gesetz würde die Eizellenspende zwar offiziell erlaubt, aber de fakto nicht praktiziert." Die beiden Reproduktionsmediziner bezweifeln, dass sich Spenderinnen den körperlich belastenden hormonellen Eingriff ohne Bezahlung antun würden. Aber auch die werdenden Eltern hätten andere Interessen: "Neunzig Prozent der von uns betreuten Paare wünschen sich eine Anonymitätserklärung der Spenderin."

Auf Umwegen zur Eizelle

Und die ist in Ländern wie der Slowakei oder Tschechien sichergestellt. Die Eizellenspende ist dort legal. Die meisten der österreichischen Kinderwunschzentren haben Partnerinstitute in osteuropäischen Ländern oder gründen dort selbst Zweigstellen. Eizellenspende und IVF-Eingriff erfolgen in Bratislava, Budweis oder Lodz, die Weiterbetreuung während der Schwangerschaft übernimmt das österreichische Institut. Ganz günstig ist das allerdings nicht: Die IVF-Behandlung inklusive Eizellenspende kostet etwa 4.500,- Euro. Im Schnitt 2.000,- Euro erhält die Spenderin als "Entschädigung". Der IVF-Fonds, der maximal vier IVF-Versuche pro Paar zu je 70 Prozent mitfinanziert, springt hier natürlich nicht ein. Allein am "Goldenen Kreuz" zählt man pro Jahr 100 Patientinnen, die dieses Angebot wahrnehmen. Ob dieser Reproduktions-Tourismus auch rechtlich gedeckt sei? Kinderwunsch-Arzt Strohmer bejaht. Er berufe sich dabei auf das 2011 ergangene Urteil des EGMR, in dem das österreichische Eizellenspendeverbot zwar bestätigt wurde, aber die Reisefreiheit der Patientinnen für medizinische Behandlungen in andere EU-Staaten betont wird: "Seitdem schlafe ich sehr gut."

"Geteilte Mutterschaft"

Das Thema Eizellenhandel wirft viele ethische Fragen auf. Sowohl Mitglieder der BKE als auch NGOs wie Aktion Leben (dieStandard.at berichtete) weisen darauf hin, dass das Wohl der Spenderin und des Kindes in der Debatte nicht genügend Beachtung finde. Noch nicht ausreichend geklärt sei etwa das in der UN-Kinderrechtskonvention festgehaltene Recht des Kindes auf den Nachweis seiner "eindeutigen Identität". Einige wenige Studien gibt es dazu bereits. Die würden aber zeigen, dass die Bereitschaft der Eltern gering sei, mit dem Kind über seine "biologische" Herkunft oder die Identität der Spenderin zu sprechen, meint etwa die deutsche Soziologin Giselind Berg.

Spenderinnen-Wohl

Besonders prekär ist auch die Position der Spenderinnen. Der Eizellenhandel würde vor allem durch das Wohlstandsgefälle zwischen Nord- und Süd- sowie zwischen West- und Ost-Europa begünstigt, gibt die Philosophin und Ethikerin Sigrid Graumann zu bedenken: "Die Kundinnen für grenzüberschreitende Eizellspende-Dienste sind meist ältere Frauen der Mittelschichten aus reichen Ländern. Die Spenderinnen dagegen sind meist sehr junge, sozial schlechter gestellte Frauen aus ärmeren Ländern mit geringer Regulierung." Die Spenderinnen würden häufig nicht ausreichend über gesundheitliche Folgen aufgeklärt. Vor allem jüngere Frauen würden die hohen Hormonstimulationen zur Eizellproduktion oft nicht gut vertragen. In bis zu zwei Prozent der Fälle (je nach Studie) komme es auch zu einer lebensgefährlichen Überstimulation. Die Risiken trägt dabei allein die Spenderin.

Baby-Take-Home

Wie sieht es mit den gesundheitlichen Konsequenzen für Mutter und Kind aus? Seit 2011 kann man nicht nur verfolgen, wieviele Schwangerschaften aus einer IVF-Behandlung hervorgingen: Das IVF-Register hält nun auch in einer "Baby-Take-Home-Rate" fest, ob die künstliche Befruchtung tatsächlich zur Geburt eines Kindes geführt hat - also zum eigentlichen "Erfolg". Der IVF-Fonds verzeichnete im vergangenen Jahr 6.496 von ihm finanzierte Eingriffe. 2.152 Schwangerschaften ergaben sich daraus - und letztlich kam es zu 1.674 Geburten. Wie die Erfolgsrate im Zuge einer Eizellenspende im Ausland aussieht, geht aus den Daten leider nicht hervor. Ob Mutter und Kind die Schwangerschaft auch tatsächlich unbeschadet überstehen, hänge aber vorwiegend vom Alter der Mutter ab, so die Gynäkologin Barbara Maier. In Fallstudien stelle sich heraus, dass Frauen jenseits der 45 bei einer Eizellenspende zwar gute Chancen haben, schwanger zu werden. Altersbedingte Gefäßveränderungen könnten aber zu einer eingeschränkten Funktion der Plazenta und dadurch einer Mangelversorgung des Fötus führen. Die Folge: zum Teil extreme Frühgeburten.

Social Freezing und Egg Sharing

Gäbe es denn überhaupt medizinische Alternativen zur kommerziellen Eizell-Spende, wenn die eigenen Eizellen alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr mitmachen? Zwei Methoden kämen da in Frage, so Kinderwunschzentrums-Leiter Strohmer: Das "Social Freezing", also das Einfrieren einer eigenen Eizelle in einem jüngeren Alter, um sie zu einem späteren, günstigeren Zeitpunkt befruchten zu lassen. In Österreich könnten Eizellen aber momentan nur für Krebspatientinnen oder - auf zehn Jahre limitiert - für Kinderwunschpaare eingefroren werden, die überzählige Embryonen aus einer IVF-Behandlung für einen weiteren Befruchtungsversuch aufsparen wollen. Zweite Variante ist das "Egg Sharing": Frauen, die sich selbst in einer IVF-Behandlung befinden, spenden ihre durch Hormonbehandlung entstandenen überzähligen Eizellen an andere Kinderwunschpatientinnen. Auch diese Methode ist hierzulande nicht vorgesehen.

Künstliche Befruchtung als Tabuthema

Viele Frauen und Paare sehen in der IVF mit einer Eizell-Spende die letzte Chance, ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Eine realistische Aufklärung über die tatsächlich begrenzten Möglichkeiten, ab einem bestimmten Alter schwanger zu werden, fehle aber oft - auch weil das Thema tabuisiert würde, erzählt Ida: "Ich kenne einige Frauen, die durch eine IVF schwanger wurden, die das aber nie im Bekanntenkreis erzählen würden. Klar, dass dann jeder denkt, es sei ganz normal, mit 40 noch ein Kind zu kriegen." (Augusta Dachs, dieStandard.at 27.9.2012)