Zukunft ist aktive Erinnerung! Auf Basis dieser Doktrin entstand das Projekt "heim.at.home". Nach ihrem Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaften, das sie mit der auch als Buch publizierten Dissertation zum Thema Sprache als Heimat - über jüdische Identität finalisierte, lebte die 1982 in Wien geborene Diana Gregor fünf Jahre lang in den USA. Im Zuge ihres Aufenthalts lernte sie in New Yorks jüdischer Gemeinde zahlreiche gebürtige Österreicher kennen, die vor dem Nazi-Regime fliehen mussten, aber auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs im amerikanischen Exil blieben.

Durchaus programmatisch, doppeldeutig-semantisch ist der Titel der Dokumentation zu interpretieren: Heim.at.home. Diana Gregor interviewte zehn Personen - Frederic Morton, Edith Harnik, Franz Leichter, "Hawei" Hans Weiss, Renée Wiener, Kurt Sonnenfeld, Edith Friedländer, Franz Harnik, Gerda Lederer und Walter Feiden - und entlockte ihnen persönliche Erinnerungen und Emotionen über Wurzeln, Identität und Selbstverständnis; der These folgend, dass mit dem Verschwinden der letzten Zeitzeugen des Holocaust auch die Unmittelbarkeit des Gedenkens und die Ermahnung zur Wachsamkeit entschwindet. Entstanden sind aber, trotz der tragischen Schicksale, lebensbejahende, wunderbare, einfühlsame Porträts mit einer grosso modo versöhnlichen Beziehung der Holocaust-Überlebenden zu ihrem Heimatland Österreich. Sensibel illustriert durch Arbeiten des New Yorker Fotografen David Plakke, im Sinn einer "Erinnerung - das Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können."

"Weil es niemals genug sein kann"

Die Notwendigkeit des Projekts hinterfragend, postuliert Gregor: "Weil es niemals genug sein kann. Weil wir nicht zulassen dürfen, dass nur das leiseste Stöhnen aus Missgunst und Impertinenz lauter klingt als die mahnenden Stimmen der Zeitzeugen und Gedenken an jene, die nichts mehr sagen können. Weil sie nicht mehr sind. Weil es nicht reicht, lediglich über Vergangenheit Bescheid zu wissen." Es gilt die Erinnerung an Holocaust-Opfer aufrechtzuerhalten und den Mut zu finden, "stets lauter zu schreien, als jene, die euphorisch auf den Gräbern der Toten tanzen und die dunklen Seiten der Überlebenden mit faschistoider Emphase verhöhnen."

Aktuelle Ereignisse in Deutschland und Österreich geben Diana Gregor immer wieder recht. Latenter, auch offener Antisemitismus wird oft als alltägliche, unpolitische Unbedachtsamkeit abgetan. - Degoutant. Erinnern als Gebot. Wehret den Anfängen! (Gregor Auenhammer, DER STANDARD, 26.9.2012)