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In der Westböhmischen Universität in Pilsen kann die Bevölkerung checken lassen, ob alkoholische Getränke gepanscht oder unbedenklich sind.

Foto: REUTERS/Petr Josek

Die Affäre mit gepanschtem Alkohol in Tschechien, die bisher 25 Menschen das Leben kostete, bewegt sich langsam auf ihr Ende zu. Am Mittwoch will Gesundheitsminister Leos Heger entscheiden, ob das seit fast zwei Wochen geltende strikte Verkaufsverbot für hochwertigen Alkohol gelockert werden soll. Die Regierung sieht sich nämlich in dieser Frage einem immer stärkeren Druck vonseiten der tschechischen Likör-Hersteller ausgesetzt, die auf ihre Verluste in den letzten beiden Wochen verweisen.

Außerdem soll künftig jede Flasche mit einem Alkoholgehalt über zwanzig Prozent mit einer Art Geburtsurkunde ausgestattet sein, aus der der gesamte Weg vom Hersteller bis in die Läden ersichtlich sein soll. Bisher wurden die Flaschen mit hochwertigem Alkohol lediglich mit speziellen Stempelmarken gekennzeichnet.

Zwei Männer verhaftet

Wie jedoch der jüngste Skandal zeigte, war es für die Alkoholpanscher offenbar kein Problem, diese Marken zu fälschen. Das Finanzministerium plant daher, völlige neue Stempelmarken drucken zu lassen.

Bewegung ist auch in die Ermittlungen über die Hintergründe des Alkoholskandals gekommen. Die tschechische Polizei verkündete, sie hätte zwei Männer verhaftet, die an der Spitze des Panscher-Rings gestanden haben sollen. Einer der beiden soll sich geständig gezeigt und den Ermittlern wichtige Informationen geliefert haben. Tschechische Medien zitierten am Dienstag eine seiner Aussagen, wonach er das hochgiftige Methanol dem sauberen Ethanol im Verhältnis von 1:1 beigemischt habe, in der Erwartung, dass sich dadurch die giftige Essenz neutralisieren würde.

In Garagen abgefüllt

Die beiden Zentren der Alkoholpanscher waren im nordmährischen Opava und in Zlin. Von dort soll der giftige Alkohol an bis zu hundert verschiedene Stellen gebracht worden sein, wo er wiederum, meistens in privaten Garagen oder verlassenen Industriegebäuden, abgefüllt wurde. In dieser Phase wurden auch die entsprechenden aromatischen Essenzen beigemischt, womit aus dem gepanschten und gefährlichen Alkohol offiziell die jeweiligen Schnapssorten wurden. Erst dann gelangte der Alkohol zu den Endabnehmern.

Die Polizei wiederholte am Montag ebenfalls ihren Appell an die Bürger, hochwertigen Alkohol, den sie zu Hause lagern haben und bei dem sie sich nicht sicher sind, ob er nicht mit dem giftigen Methanol verunreinigt ist, lieber auszuschütten oder bei Polizeidienststellen abzugeben. In den Krankenhäusern, insbesondere in Nordmähren, waren bis zum Dienstag immer noch 18 Menschen in Behandlung, sie müssen mit dauerhaften Folgeschäden rechnen.

Entschädigung vom Staat

Schätzungen zufolge sind mindestens siebzig Prozent aller tschechischen Alkoholbestände, die gegenwärtig von der Zollverwaltung oder beim Handel gelagert sind, aus gesundheitlicher Sicht unbedenklich und könnten jederzeit wieder den Kunden angeboten werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Flaschen mit einer neuen Stempelmarke, wie auch einer Herkunftsurkunde versehen würden. In Bezug auf die restlichen dreißig Prozent, bei denen Ursprung und Zusammensetzung nicht hundertprozentig sicher sind, ist allerdings noch unklar, was geschehen soll. Der Finanzminister stellte in Aussicht, dass der Staat die betroffenen Händler entschädigen würde. (Robert Schuster aus Prag, DER STANDARD, 26.9.2012)