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Auch Kastraten wie Farinelli oder Guadagni (im Bild) lebten recht lang. Vorn: das lebensverlängernde Instrument.

Foto: REUTERS/Kieran Doherty

Incheon/Wien - Altersforscher und Demografen rätseln seit vielen Jahren, warum Frauen im Schnitt länger leben als Männer. Als Gründe werden gemeinhin eine riskantere Lebensweise, Tabak- oder Alkoholmissbrauch angenommen, die bei männlichen Vertretern von Homo sapiens ausgeprägter sind. Biologen wiederum nehmen an, dass dieses Verhalten hormonell bedingt sei: Entsprechend gehen sie davon aus, dass letztlich Testosteron und andere Androgene Männer früher ins Grab bringen.

Eine Studie südkoreanischer Forscher, die im Journal "Current Biology" veröffentlicht wurde, belegt nun diese Annahme anhand einer ungewöhnlichen Untersuchungsgruppe. Das Team um Kyung-Jin Min von der Inha-Universität in Incheon nahm sich nämlich die Lebensdaten von Adeligen des Kaiserhofs der Chosun-Dynastie vor, die von 1392 bis 1910 existierte. Unter den 2670 ausgewählten Personen fanden sich auch 81 Eunuchen, die entweder durch Hundebisse oder absichtliche Kastration ihre Geschlechtsorgane einbüßten.

Nicht ganz überraschende Entdeckung

Als die Forscher die Lebenserwartungen der Gruppen verglichen, machten sie eine nicht ganz überraschende Entdeckung: Die 81 Eunuchen lebten im Schnitt 14 bis 19 Jahre länger als die "richtigen" Männer. Drei der koreanischen Kastraten wurden sogar älter als 100. Das sind 130-mal mehr als der Prozentsatz der Hundertjährigen in heutigen Industrieländern - und Korea war damals noch kein Industrieland.

Die koreanischen Könige und männlichen Mitglieder der kaiserlichen Familie hatten dagegen die geringste Lebenserwartung und starben im Normalfall mit Mitte 40. Die Forscher gehen davon aus, dass eine geringere "Belastung" mit männlichen Hormonen eine lebensverlängernde Wirkung hat. Sie haben aber auch einen Rat für Männer, die sich nicht kastrieren lassen wollen: "Wenig Stress - und so viel wie möglich von den Frauen lernen." (tasch, DER STANDARD, 25.9.2012)