Selten hat ein Gebäudeprojekt soviel Staub aufgewirbelt wie der neue Bahnhof Wien Mitte. derStandard.at zeigt einen exklusiven Rundgang durch die Baustelle

Bereits vor über 20 Jahren gab es Pläne für den Umbau des 1962 erbauten und mit den Jahren immer desolater gewordenen Bahnhofes. 1999 wurde deshalb ein völliger Neubau beschlossen, um dem "Ratzenstadl" (© Bürgermeister Michael Häupl) ein Ende zu bereiten.

Foto: Michael Hierner / www.hierner.info

Das Gewinnerprojekt von Laurids Ortner sah mehrere bis zu 97 Meter hohe Türme vor, was neben Protesten der Anrainer auch beinahe zu einem Verlust des Prädikats UNESCO-Weltkulturerbe für Wien führte. Man schrieb einen neuen Wettbewerb aus, das Gewinnerprojekt von Ortner & Ortner sowie Neumann & Steiner vermied jegliche Höhe und versteckte den einzigen, nun auf 70 Meter gekürzten Turm im hinteren Bereich des Komplexes.

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Doch auch die 2007 erfolgte Absiedelung und der geplante Abriss des "Fleischmarktes Landstraße" unter dem Bahnhofs-Parkhaus führte zu Protesten empörter Bürger, die den Erhalt des Baukörpers erstritten. Die Marktstandler sind inzwischen jedoch längst mit ihren üppigen Abfindungen an einen neuen Standort gezogen. Das visuell nicht zum neuen Komplex passende Gebäude soll nun als Parkhaus genutzt werden.

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Inzwischen haben sich die Wogen geglättet und die Ende 2007 begonnenen Bauarbeiten sind in der Zielgerade. Und während die Außenfassade mit ihren drei Bullaugen und der abstrakten Glasfassade schon zum neuen Stadtbild gehört, ist das Innere des Gebäudes der Öffentlichkeit noch unbekannt. derStandard.at warf deshalb einen Blick in das Innere von Wien Mitte und zeigt, wie ab 8. November das neue Urbane Zentrum des dritten Bezirks von Innen aussehen wird.

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Das Herzstück des 480 Millionen Euro teuren Gebäudekomplexes bildet das 30.300 Quadratmeter große Einkaufszentrum. Dieses soll von den täglich 150.000 ankommenden oder wegfahrenden Reisenden frequentiert werden. Neben Restaurants, Reisebüro, Zeitschriftenhandel, Bäckerei und einem Supermarkt werden auch die Filialen eines bekannten Textilunternehmens sowie einer Elektronikkette die Kunden anlocken.

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Die ovale lichtdurchflutete Passage bildet den Mittelpunkt des Einkaufszentrums. Im Gegensatz zur blockigen Außenform des Gebäudes setzt man hier auf weiche Formen. Runde Dachfenster bringen natürliches Licht ins Innere und lassen Blicke auf den Tower im Innenhof zu.

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Abgänge zur U3 und U4, der S-Bahn sowie zum CAT sind direkt im Haus vorhanden und leicht erreichbar. Da einige Schienen dieser Verkehrsmittel unter dem Haus verlaufen, mussten große statische Herausforderungen gelöst werden. So befindet sich etwa das Parkhaus für 500 Autos nicht im Keller, sondern im Inneren des Gebäudes.

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Wie auch schon in der Vergangenheit ist Wien Mitte aber mehr als nur ein Bahnhof und Einkaufszentrum. Auf 61.700 Quadratmetern Bürofläche hat sich unter anderem das Finanzministerium eingemietet, welches hier  acht Standorte zu einem "Zentralen Finanzamt Wien" zusammenführen will.

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Ein Teil dieser Bürofläche befindet sich im 70 Meter hohen Tower im nördlichen Teil von Wien Mitte. Er ist der verbliebene Rest der ursprünglichen Idee und seine Höhe der Kompromiss mit der UNESCO. Niedriger kann man ein Hochhaus nicht mehr bauen, trotzdem ist der Blick von der Aussichtsplattform des Towers atemberaubend.

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Blick vom Tower in Richtung Süden: der Wienerberg in der Ferne und das Hilton in der Nähe sowie der Innenhof des Gebäudekomplexes.

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Alt und Neu: Das Parkhaus mit der ehemaligen Fleischmarkthalle grenzt dicht an das neue Bürohaus sowie den Tower an. Ovale Dachluken sorgen für natürliches Licht im Shopping Center. Der schräge Winkel der Glasfassade ist keine optische Täuschung - der Tower wurde tatsächlich bewusst verdreht im Innenhof positioniert.

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Wie das neue Wien Mitte angenommen wird, zeigt sich ab 8. November wenn der erste Teilbereich eröffnet wird. Im März 2013 erfolgt die Übergabe der restlichen Flächen. (Michael Hierner, derStandard.at, 24.9.2012)

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