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Ein ausgebranntes Haus in Homs.

Foto: Reuters

Damaskus/Istanbul/Atma/New York - Kurz vor Beginn der UNO-Vollversammlung in New York mit dem Topthema Syrien hat das Bürgerkriegsland eines seiner blutigsten Wochenenden erlebt. Allein am Samstag wurden mindestens 210 Menschen getötet, darunter 145 Zivilisten, wie die Organisation der Syrischen Menschenrechtsbeobachter mitteilte. Die meisten Toten gab es demnach im Großraum Damaskus und in der nordsyrischen Millionenmetropole Aleppo. Auch am Sonntag wurden wieder Gefechte gemeldet. Nach Angaben von Aktivisten brachen erneut Kämpfe in Aleppo sowie in der Provinz Daraa aus. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon und der Syrien-Sondergesandte von UNO und Arabischer Liga, Lakhdar Brahimi, berieten am Sitz der Vereinten Nationen über den Syrien-Konflikt.

Ban und Brahimi betonten, dass die sich verschlimmernde Krise in Syrien eine wachsende Gefahr für Frieden und Sicherheit in der Region sei. Zentrales Thema ihres Treffens waren den Angaben zufolge die Möglichkeiten, der "schrecklichen Gewalt" in Syrien Einhalt zu gebieten und in Richtung einer politischen Lösung voranzuschreiten.

Die syrische Armee hat nach Angaben eines Kommandanten der Rebellen mittlerweile die Kontrolle über den Großteil des Staatsgebiets verloren. Einzig die Überlegenheit des Militärs in der Luft halte die Führung noch an der Macht, sagte der Rebellenoberst Ahmed Abdel Wahab. Er ist nach eigenen Angaben Kommandant einer Brigade von rund 850 Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA). "Ob mit oder ohne ausländische Hilfe - der Fall des Regimes ist eine Frage von Monaten, nicht von Jahren", sagte er.

Freilassung von Regimekritikern

Die FSA verlegte ihre Kommandozentrale zudem von der Türkei nach Syrien. FSA-Chef Riad al-Assaad sprach dabei von "einer guten Nachricht für unser freies und heroisches syrisches Volk". Die Freie Syrische Armee hatte sich im Juli vergangenen Jahres aus Deserteuren der regulären syrischen Truppen gebildet und hat nach eigenen Angaben tausende Kämpfer unter Waffen.

Unterdessen gingen die Kämpfe in Syrien auch am Wochenende weiter. Neben den Schauplätzen Aleppo und Daraa, waren nach Oppositionsangaben auch in der Nähe eines belebten Grenzübergangs nach Jordanien heftige Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen ausgebrochen.

Nach Angaben der libanesischen Armee griff eine "große Zahl" syrischer Rebellen in der Nacht auf Samstag einen ihrer Posten im Osten des Libanon an. Opfer habe es bei dem Überfall von Kämpfern der Freien syrischen Armee nahe des libanesischen Dorfs Arsal nicht gegeben, teilte das Militär mit. Es sei bereits der zweite derartige Angriff innerhalb weniger als einer Woche.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana verkündete unterdessen die Freilassung von 121 Regimekritikern aus Aleppo, die "keinen Mord begangen" hätten. Auch in den Protesthochburgen Homs und Hama seien in den vergangenen Tagen Dutzende Gefangene auf freien Fuß gesetzt worden. Meldungen aus Syrien sind wegen der Medienblockade von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen.

Türkisches Militär stockt auf

Das türkische Militär verlegte Medienberichten zufolge gepanzerte Fahrzeuge und schwere Waffen an die Grenze zu Syrien. Das NATO-Mitglied hat in den vergangenen Monat bereits mehrmals Truppen an der 911 Kilometer langen Grenze zu Syrien stationiert, als die Kämpfe zwischen Rebellen und den Einheiten von Präsident Bashar al-Assad zunahmen und gleichzeitig immer mehr Flüchtlinge sich in die Türkei absetzten. Es wird befürchtet, dass der syrische Bürgerkrieg die gesamte Region erfassen könnte. Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan zählt zu den schärfsten Kritikern Assads.

Ägyptens islamistischer Präsident Mohamed Mursi sprach sich abermals für eine enge Einbeziehung des Iran in die Bemühungen um die Beilegung des Bürgerkriegs in Syrien aus. Mursi sagte am Samstag in einem Interview des staatlichen ägyptischen Fernsehens, die Führung in Teheran könne eine "aktive und unterstützende Rolle bei der Lösung des Syrien-Problems" spielen. Daher sei der Iran in dem von ihm ins Leben gerufenen Quartett der regionalen Anrainer ein wichtiger Akteur. Der Gruppe gehören außerdem Ägypten, Saudi-Arabien und die Türkei an. Der Iran wäre der einzige Verbündete Assads in der Gruppe. Mursi machte erneut deutlich, dass er Assad keine Zukunft gibt.

Bei dem seit mehr als eineinhalb Jahren andauernden Konflikt in Syrien sind nach UNO-Schätzungen bereits mehr als 20.000 Menschen gestorben. Fast eine Viertelmillion Syrer ist ins Ausland geflohen. In Syrien sind laut UNO-Angaben mehr als eine Million Menschen heimatlos. (APA, 23.9.2012)