Prognosen sind immer problematisch, besonders solche über die Zukunft und ganz besonders solche über die Zukunft eines sozialdemokratischen Parteivorsitzenden und Kanzlers.

Es sei trotzdem gewagt: Werner Faymann wird sich von der Inseratenaffäre wohl nicht mehr wirklich erholen. Seine Autorität ist angeschlagen. Auf Steuerzahlerkosten die Krawallzeitungen mit Abermillionen verwöhnen, um selbst gut dazustehen - das tut ein Regierungschef in einer Demokratie nicht.

Das hat bisher auch keiner der sozialdemokratischen Kanzler getan. Bruno Kreisky, Fred Sinowatz, Franz Vranitzky, Viktor Klima und Alfred Gusenbauer suchten mit der Krone, die damals ein Quasimonopol auf dem rechtspopulistischen Zeitungssektor innehatte, ein halbwegs gutes Verhältnis aufrechtzuerhalten. Derart ausgeliefert an diesen Typus Zeitung wie Faymann haben sie sich nicht.

Die Krone wurde sogar mithilfe des SPÖ-Ministers und Gewerkschafters Franz Olah gegründet, aber der war ein auch deswegen ausgestoßener Einzelkämpfer. Später arrangierten sich SPÖ und Krone, weil ihre Leser- und Wählerschaft großteils deckungsgleich war. Kreisky hatte bei der Krone aufgrund seiner natürlichen Autorität, aber auch wegen seiner " Versöhnungs"-Haltung gegenüber den ehemaligen und Immer-noch-Nazis einen Stein im Brett. Das gefiel dem Herausgeber Hans Dichand, der dem Mythos von der "sauberen Wehrmacht" anhing und dessen Kolumnisten (Viktor Reimann, Staberl, Wolf Martin) atemberaubend antisemitische Texte veröffentlichen durften. Kreisky hielt jedenfalls eine Balance von Distanz und gelegentlicher Nähe zur Krone.

Sinowatz galt bei der Krone als verdächtig, hinter den Angriffen gegen das "Kriegsgeneration"-Symbol Waldheim zu stehen. Aber die Arbeiterschaft und damit die Leserschaft der Krone wählte noch immer SPÖ. Das zählte.

Franz Vranitzky und die Krone hatten kein besonderes Verhältnis, vor allem weil er ein echter Anti-Nationalsozialist war. Die Krone favorisierte daher den ihr auch diesbezüglich viel näheren Jörg Haider. Aber Vranitzky war beliebt, und so konnte die Krone gegen ihn nie jene Kampagnen fahren wie gegen andere.

Viktor Klima versuchte das Blatt auf seine Seite zu ziehen, mit indifferentem Erfolg. Alfred Gusenbauer hatte kaum eine Chance bei der Krone (und dem inzwischen gegründeten Österreich). Beide priesen Faymann, der sie als Verkehrsminister mit Millionen Inseratengeld versorgt hatte, als den neuen Messias.

Die Sozialdemokratie hatte also immer versucht, sich mit der Familie Dichand (und später auch mit der Familie Fellner - Österreich) gut zu stellen. Es wurde ihr nicht Treue um Treue vergolten: Die Krone pushte Jörg Haider, Karl-Heinz Grasser und jetzt auch Frank Stronach. So direkt mit Geld versorgt wie unter Werner Faymann wurden Krone und Co aber nie.

Wobei viel mehr Faymann als die SPÖ davon profitiert. Die Partei mag sich einreden, dass die Inseratenaffäre bald vergessen sein wird. Aber der Ruf Faymanns ist beschädigt. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 22./23.9.2012)