"Weary Willy-Collection" von Julien Bismuth. Der brachte auch seine beiden Galeristen für die Viennafair zusammen: Die in New York lebende Wienerin Simone Subal freut sich über die Heimkehr, Emanuel Layr über einen der beiden Galeriepreise der Wirtschaftskammer (ebenso mit 5000 Euro ausgezeichnet: Galerist Hubert Winter).

Foto: Anne Katrin Feßler

Die rote Nase des Clowns leuchtet rhythmisch auf und verlischt wieder. Es ist "Weary Willy", der den Wanderarbeitern der Weltwirtschaftskrise nachempfundene tragische Pausenclown von Emmett Kelly, der dazu verdonnert war, die Manege zwischen den Auftritten aufzukehren. Der New Yorker Künstler Julien Bismuth schlüpft immer wieder in dessen Haut, spürt in der Verwandlung des Performers der Differenz zum Ich nach. Aber das ist nur eine Ebene der "Weary Willy"-Figurinen, die die gemeinsame Messekoje von Emanuel Layr (Wien) und der erstmals auf der Viennafair vertretenen Simone Subal (New York) dominieren. Als "Saat einer Sammlung" sieht der Künstler die kleine Kollektion, die gerade wegen ihres Kitschverdachts, Haltungen zur Kunst und zum Sammeln hinterfragen: Für die aktuelle, achte Viennafair, bei der unter neuer russischer Eigentümerschaft sehr viel über Kunst als reines Investmentgut diskutiert wurde, eine intelligent platzierte Arbeit.

Die erstmalige, in klarem Schwarz-Weiß gehaltene Viennafair-Präsenz des Salzburger Galeristen Nikolaus Ruzicska ist der Überzeugungskraft von Galeristin Ursula Krinzinger, Teil des Messebeirats, zu verdanken. Mit Erfolg: Ruzicska brachte bereits am Preview-Tag u. a. ein Gemälde von Clemens Wolf (8500 Euro) oder das begehrlich schimmernde Objekt Vincent Szareks (L. A. Hooker, 2004) an. Silbern glänzt eines von insgesamt fünf eingetetschten Häusern von Erwin Wurm bei Ropac. Auch der prestigereiche Galerist konnte für den vielbeworbenen "Neustart" der Wiener Messe gewonnen werden.

"Im Endeffekt gibt es gar keine neue ... also, wenn man ehrlich ist, arbeiten wir an dem, was eh schon da ist", erläutert Christina Steinbrecher, neben Vita Zaman eine der neuen Leiterinnen, dem Standard in Bezug auf die Charakteristik der Messe. Der Ost-Schwerpunkt blieb: Im Ideal mache der 30 Prozent aus, neben weiteren 30 für österreichische, 40 für internationale Galerien.

Klischee "Russenfutter"

Dass man den russischen Markt erreichen will, ist auch angesichts dessen, dass Skaterschikov die Messe zeitgleich zur Art Moskow (eine Übernahme scheiterte) platzierte, klar. Überstrapazierter Klischees klappernder Highheels folgt man zwar nicht, aber die russische Präsenz zeigt sich im Idiom, das in den 2012 noch offener und klarer gestalteten Gängen mit den schwarzen Flanken (BWM Architekten) zu vernehmen ist.

Sogenanntes "Russenfutter" drängt sich nicht auf. Portfolios as usual. Obwohl man hört, Skaterschikov hätte manchem Galeristen angeraten, das Menü auf die neue Klientel hin auszurichten. Natürliches Bling-Bling bietet etwa die Galerie Mauroner mit den Juwelenkäfer-Bildern Jan Fabres (je 245.000 Euro). Von Flämmchen illuminiert, wie vorgesehen, wäre auch der Jannis Kounellis von 1987 für das Dorotheum ein netterer Lockvogel gewesen; die Feuerpolizei verbot derlei. Weniger freundlich das Welcoming von Christian Eisenberger (Konzett): Seine "Raufasertapete für neureiche Russen" hat ihr Couleur von Pferdemist. Versteckter die Preziosen bei Sotheby's: Neben frühen Appetitmachern für die Londoner Oktober-Auktionen, Warhol, Lichtenstein, Richter oder Rauch (Rufpreise ab 150.000 Euro), sind hier die wahren Diamanten verräumt: Ovaler Glitzerstein für die Ewigkeit (um 580.000).

Mit den Auktionshäusern hofft man auch deren elitären Kundenkreis zu erschließen. Dass diese Rechnung - Vermischung von Primär- und Sekundärmarkt - aufgeht, wird von Galeristenseite angezweifelt. Schneller Wiederverkauf günstig eingekaufter "Ware" durch Auktionskonkurrenten betrachtet man mit Argwohn.

Vieles hält sich fern des Hochpreissegments auf, auch die russischen Galerien. Die etablierte Triumph Galerie aus Moskau brachte die junge Garde: neben AES+F und dem Duo Dubos-sarsky/Vinogradow (Aquarelle 7000) zeigt man etwa Ustina Yakovlevas abstrakte Kartografien (3000). Anna Nova aus St. Petersburg zeigt mit Soap eine wilde Performertruppe, die mit Seife als Sinnbild für die globale Masse operiert (ab 2500 Euro).

Viel los war stets auch bei Marina Gisich: Nicht zuletzt weil hier der russische Bär auf ovalen Bildern von Gregory Maiofis am Klavier steppte und die Ankaufsjury des neu erichteten Fonds (rund 1 Million Euro) eine der Animationen von Marina Alexeeva erwarb. Viele Highlights wie im Vorjahr beim türkischen "Diyalog" (OMV): Die Jury sah's wohl genauso und tätigte einige der 50 bei Redaktionsschluss bekannten Ankäufe hier. Etwa Inici Eviners dreiteiliges "moving painting", das Video Broken Manifesto. Ein Protest der Körper. (Anne Katrin Feßler, Album, DER STANDARD, 22./23.9.2012)