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Zwei Mütter, ein Baby: Geht es nach der Bioethikkommission, soll das medizinisch und rechtlich deutlich erleichtert werden.

Foto: REUTERS/KIMBERLY WHITE

Wien - "Die Kommission ist sich nicht einig": Mit diesen Worten leitete Stephanie Merckens von der Bioethikkommission ein, als sie erklärte, warum sechs Mitglieder gegen eine Lockerung des Fortpflanzungsgesetzes gestimmt haben. Die anderen 15 Mitglieder empfehlen die Zulassung von Eizellenspenden, die Freigabe der Präimplantationsdiagnostik (PID) und das Recht auf Adoption für homosexuelle Paare. Vier Mitglieder haben sich enthalten.

Diskriminierung

Beide Stellungnahmen wurden am Freitag im Bundeskanzleramt präsentiert. Christiane Druml, Vorsitzende der Kommission, sprach für die Mehrheit: "Leihmutterschaft soll zum Schutz der Frauen weiterhin verboten bleiben, die Problematik ist sehr komplex." Dass gleichgeschlechtliche Paare oder alleinstehende Frauen mit Kinderwunsch weder von den Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung noch von dem Recht auf Adoption Gebrauch machen können, sei aber diskriminierend. "Es darf nicht nur das alte Familienideal gefördert werden", sagt Druml.

Merckens, Repräsentantin der Gegenposition, sprach sich dafür aus, am bisherigen System festzuhalten und künstliche Befruchtung nur mit Ei- beziehungsweise Samenzellen der Eltern durchzuführen. Bei der Eizellenspende würde die Spenderin durch die notwendige hormonelle Stimulation erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt, etwa erhöhtem Krebsrisiko oder Unfruchtbarkeit. Durch die umstrittene PID würde weder die Schwangerschaftsrate erhöht, noch ein gesundes Kind garantiert. "Dem Medizintourismus wird durch diese Lockerung kein Einhalt geboten", argumentierte die Juristin.

SPÖ begrüßt die Empfehlung

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) sieht sich von der Bioethikkommission in seiner Position bestätigt. Schon vor einem Jahr hatte er im STANDARD-Interview dafür plädiert, homosexuellen und alleinstehenden Frauen künstliche Befruchtung rechtlich zu ermöglichen. Nun ist er "froh, dass es die Empfehlung der Bioethikkommission gibt", schließlich müsse "die Politik die gesellschaftliche Realität abbilden". Daher habe er auch nichts gegen das Recht auf Adoption für Homosexuelle einzuwenden. So sieht das auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ).

Stöger sagte am Freitag, er "hoffe sehr, dass sich der Koalitionspartner da bewegt". Er werde außerdem sehr darauf drängen, in dieser Legislaturperiode noch eine Biomedizinkonvention zu verabschieden - schließlich hätten sich SPÖ und ÖVP diese ins Regierungsprogramm geschrieben. Dabei geht es unter anderem um die PID.

ÖVP bleibt zögerlich

Die ÖVP bleibt bei dem Thema freilich zögerlich. Man müsse "breit diskutieren", sagte ein Sprecher von Justizministerin Beatrix Karl am Freitag zum Standard. Außerdem verwies er auf ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs, das in den kommenden Wochen erwartet wird. Der VfGh entscheidet in der Herbst-Session, ob der Passus im Fortpflanzungsgesetz, wonach "medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig" ist, verfassungskonform ist.

Gesprächsbedarf sehen jedenfalls die ÖVP-Nationalratsabgeordneten Erwin Rasinger und Franz-Joseph Huainigg. Das Thema solle in einer parlamentarischen Enquete erörtert werden, schlugen die beiden vor. Sie verwiesen darauf, dass die Bioethikkommission ihre Empfehlung nicht einstimmig abgegeben habe; "vorschnelle politische Festlegungen" seien daher "nicht seriös". (Andrea Heigl, Julia Herrnböck, DER STANDARD, 22./23.9.2012)