Martin Graf übergibt Scheck an Federico Francos Gattin für die Waisen des Massakers von Curuguaty.

Screenshot: derStandard.at/burg

Graf sichert Unterstützung zu.

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Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) ist Anfang September 2012 nach Paraguay gereist, um sich laut paraguayischen Medienberichten im Namen Österreichs mit der höchst umstrittenen neuen Regierung des Landes zu solidarisieren. Der demokratisch gewählte Präsident und Ex-Priester Fernando Lugo war im Juni in einem viel kritisierten Amtsenthebungsverfahren von seinem ultrakonservativen Vizepräsidenten Federico Franco abgelöst worden.

Die anderen südamerikanische Staaten erkannten die neue Regierung unter Franco nicht an, Paraguay wurde in der Folge vom südamerikanischen Wirtschaftsbund Mercosur ausgeschlossen. Das sei ein klares Signal, dass es in Südamerika keinen Platz mehr für "antidemokratische Abenteuer" gebe, sagte Brasiliens Außenminister Antonio Patriota damals. Paraguay solle so lange ausgeschlossen bleiben, bis die demokratische Ordnung durch Wahlen wiederhergestellt sei, erklärte der uruguayische Senator Alberte Courie im Sommer. Die nächste Präsidentenwahl ist für April 2013 vorgesehen.

5.000-Dollar-Scheck und Solidaritätsbekundungen

Bei der Übergabe eines 5.000-Dollar-Schecks an Francos Gattin Emilia Alfaro de Franco soll Graf diese Maßnahmen der südamerikanischen Nachbarländer mit den EU-Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000 verglichen haben. Damals hatten 14 EU-Partner als Reaktion auf den Regierungseintritt der FPÖ unter Wolfgang Schüssel (ÖVP) die bilateralen Beziehungen zu Österreich für sieben Monate eingefroren.

"Graf sagte, dass er Paraguays Situation versteht, weil Österreich im Jahr 2000 einer ähnlichen Situation ausgesetzt war, als mehrere Mitgliedsstaaten eine ähnliche Blockade gegen sein Land einrichten wollten", berichtete das Online-Portal "Paraguayo de Noticias" ("PPN"). Graf reiste laut "PPN" in seiner Funktion als Dritter Nationalratspräsident nach Paraguay. In den Medien wird er als "Vicepresidente del Consejo Nacional" (Vizepräsident des Nationalrats) bezeichnet beziehungsweise die Gruppe als "delegación parlamentaria austríaca" (parlamentarische österreichische Delegation).

"Ich persönlich glaube und denke auch, dass es die Meinung der österreichischen Regierung ist, dass der Prozess (Lugos Amtsenthebung, Anm.) exakt nach den Vorgaben der paraguayanischen Verfassung abgelaufen ist", wird Graf "PPN" zitiert. Das Portal titelt seinen Bericht mit: "Österreich drückt seine Unterstützung für die paraguayische Regierung aus". Der Scheck soll für die für Waisen des Massakers von Curuguaty gedacht sein. 

Graf-Sprecher weist Medienberichte zurück

Gegenüber derStandard.at weist Grafs Pressesprecher einen Teil der Medienberichte zurück. Graf habe nicht im Namen der Bundesregierung gesprochen, sondern nur seine persönliche Meinung ausgedrückt. Es habe sich nicht um eine parlamentarische Delegationsreise gehandelt, Graf sei als "Nationalratsabgeordneter und hochrangiger Vertreter der FPÖ" in Paraguay gewesen. Hintergrund: Die FPÖ verhandle derzeit ein Freundschaftsabkommen mit der liberalen Partei Paraguays, der Franco angehört.

Graf sei einer offiziellen Einladung Francos gefolgt, mit dem er aufgrund einiger früherer Besuche freundschaftlichen Kontakt pflege. In Paraguay sei er mit dem Präsidenten, dem Außenminister, dem Senatspräsidenten, Abgeordneten aller Parteien und Vertretern der Zivilgesellschaft zusammengetroffen. Die Spende von 5.000 US-Dollar stamme von der FPÖ, so der Sprecher. Sie sei im Namen von Parteichef Heinz-Christian Strache übergeben worden und komme den Hinterbliebenen der Opfer der blutigen Auseinandersetzung zwischen Polizei und Landbesetzern zugute.

Graf-Lob für neue Regierung

Außerdem sei die Verfassungskonformität der Amtsenthebung auch von einem Bericht einer EU-Parlamentarierdelegation bestätigt worden, heißt es aus Grafs Büro. Graf habe sich davon überzeugen können, dass "nach dem Präsidentenwechsel ein deutlicher Aufschwung für das Land zu verspüren ist und die Bevölkerung klar überwiegend hinter dieser Amtsenthebung steht".

Den Vergleich mit den Sanktionen der EU-14 im Jahr 2000 bekräftigt Grafs Sprecher: "Paraguay steht vor einer ähnlichen Situation, zumal im Mercosur ohne vertragliche Grundlage sein Stimmrecht suspendiert wurde."

Hörnter: Neue Regierung nützt Elite

"Man kann guten Gewissens sagen, dass Lugo weggeputscht wurde", sagt Werner Hörtner, Südamerikaexperte und Redakteur des Südwindmagazins. Die Amtsenthebung sei binnen weniger Stunden geschehen, weshalb die Verfassungskonformität des Verfahrens anzuzweifeln sei. Vom neuen Präsidenten Franco würde vor allem die Elite profitieren, etwa Nahrungsmittel- und Gentechnikkonzerne. Grafs Engagement in Paraguay überrasche ihn nicht. Die Rechte Europas pflegte traditionell gute Kontakte zu den Rechten in Paraguay. Unter dem deutsch-paraguayanischen Langzeitpräsidenten General Alfredo Stroessner fanden nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Nazi-Verbrecher Unterschlupf in Paraguay, unter anderem auch der KZ-Arzt Josef Mengele.

"Entsetzt" zeigten sich Wolfgang Moitzi, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend, und Boris Ginner, Vizepräsident der International Union of Socialist Youth (IUSY). Empörend sei die offenbar getätigte Solidarisierung mit einer "Putschistenregierung" im Namen Österreichs, hieß es. "In Paraguay fand am 22. Juni ein (...) parlamentarischer Putsch gegen den gewählten Präsidenten Fernando Lugo statt. Während die neue Regierung (...) von keinem anderen südamerikanischen Staat anerkannt (...) wurde, überreicht Martin Graf offenbar als erster Gratulant aus Österreich eine Solidaritätsspende", kritisierten Moitzi und Ginner. Besonders befremdlich sei dabei der Vergleich der legitimen Reaktionen anderer südamerikanischer Länder mit den EU-Sanktionen gegen Österreich, den Graf gezogen habe. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 23.9.2012)