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AP-Fotograf Sergei Grits wurde am Dienstag von Zivilpolizisten zusammengeshclagen

Foto: Tatyana Zekovich, pool/AP/dapd

Unmittelbar vor der Parlamentswahl hat die weißrussische Polizei mehrere Teilnehmer einer von den internationalen Föderation liberaler Jugendlicher organisierten Diskussionsveranstaltung des Landes verwiesen. Ihnen wird vorgeworfen, sich politisch betätigt zu haben, obwohl sie mit einem Touristenvisum eingereist waren.

Stefan Windberger von den österreichischen Julis, der an der Veranstaltung teilnahm, berichtet, dass man lediglich über Wahlsysteme in verschiedenen Staaten diskutiert habe. Er sei sich bewusst, dass er sich als Ausländer nicht politisch betätigen dürfe und habe dies eben deswegen vermieden.

Windberger berichtet gegenüber derStandard.at von Übergriffen gegen die Auslandspresse:  "Ein ZDF-Journalist und ein AP-Fotograf wurden auf offener Straße zusammengeschlagen - nicht einmal ein EU-Pass schützt momentan vor physischer Gewalt."

Deutschland bestellt Botschafter ein

Das deutsche Außenministerium hat am Donnerstag den weißrussischen Botschafter Andrei Giro einbestellt. Die Beauftragte für Osteuropa, Antje Leendertse, missbilligte im Gespräch mit dem Diplomaten, dass Weißrussland Wahlbeobachtern Visa verweigert habe, wie das Ministerium mitteilte. Die Bundesregierung habe dafür "keinerlei Verständnis". Das Land hatte der grünen Bundestagsabgeordneten Marieluise Beck und einem litauischen Parlamentarier die Einreise als Beobachter der Wahlen am Sonntag verweigert.

Einschränkungen der Pressefreiheit, Einreiseverweigerungen und Behinderungen der Zivilgesellschaft im Vorfeld der Wahl seien "ein denkbar negatives Signal und ein weiterer Rückschlag für die gesellschaftliche Entwicklung in Weißrussland", erklärte das Auswärtige Amt. Beck hatte am Mittwoch kritisiert, ihr sei das Visum "auf Weisung aus Minsk" verwehrt worden. Die Ausladungen kurz vor der Wahl seien ein "Affront" gegen die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Staatschef Alexander Lukaschenko wahre "noch nicht mal den Schein einer freien und fairen Wahl".

Machtloses Parlament

Am Sonntag finden die Wahlen für das weitestgehend machtlose weißrussische Unterhaus statt. Die beiden größten Oppositionsparteien des Landes, die Vereinigte Bürgerliche Partei und die Weißrussische Volksfront, wollen die Abstimmung boykottieren. Lukaschenko regiert das Land seit 18 Jahren mit harter Hand. Wegen zahlreicher Menschenrechtsverstöße verhängte die Europäische Union Sanktionen gegen das Land.

Amnesty International (ai) erklärte am Donnerstag, die Lage in Weißrussland habe sich seit den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2010 weiter verschlechtert. "Gewaltlose Oppositionelle wurden in den vergangenen Monaten wiederholt schikaniert, misshandelt und in unfairen, politisch motivierten Gerichtsverfahren verurteilt", erklärte die ai-Weißrussland-Expertin Jovanka Worner. Es sei zu befürchten, dass die Polizei erneut gewaltsam gegen Demonstranten vorgehen werden, falls es nach der Parlamentswahl am Sonntag zu Protesten wie nach der Präsidentschaftswahl kommen sollte. (red/APA, 21.9.2012)