Athen - Griechenland und seine internationalen Geldgeber kommen in den Verhandlungen über neue Sparvereinbarungen allmählich voran. Die von der Troika aus EU, EZB und IWF geforderte Einsparsumme von knapp 12 Mrd. Euro wurde zwar zunächst noch nicht erreicht. Ein hoher Regierungsvertreter sprach aber von Verständigungen auf etlichen Gebieten, etwa bei der Erhöhung des Pensionsantrittsalters um zwei Jahre auf 67 Jahre. Schon bald könne es weitere Fortschritte geben. Die deutsche Regierung bezeichnete Medienberichte über die Möglichkeit eines zweiten Schuldenschnittes für Griechenland, der vor allem staatliche Gläubiger treffen würde, am Freitag als grundlose Spekulationen.

"Es wurde bereits ein bedeutender Fortschritt gemacht", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn, obwohl die internationalen Schuldenkontrolleure ihre Arbeit unterbrochen haben. Die Troika-Experten würden "eine kurze Pause" machen und voraussichtlich in einer Woche wieder nach Athen zurückkehren, sagte Kommissionssprecher Simon O'Connor am Freitag in Brüssel. Die technischen Gespräche würden aber fortgesetzt. Nähere Angaben zum Grund der Pause machte der Sprecher nicht. "Es bedeutet nicht, dass es Probleme gibt." Es gebe keinen Grund zur Dramatisierung.

Bericht erst nach US-Wahlen

Die griechische Regierung verhandelt seit Tagen mit Vertretern der Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) darüber, wie durch konkrete Maßnahmen eine Einsparsumme von 11,5 Mrd. Euro aufgebracht werden kann. Ein Erfolg bei diesen Gesprächen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Griechenland weitere 31,5 Mrd. Euro an dringend benötigten Hilfskrediten erhält. Wann der Abschlussbericht der Troika vorliegen wird, war noch unklar. Ein Sprecher des deutschen Finanzministerium erwartet das "so schnell wie möglich", wollte sich aber auf keinen genauen Termin festlegen. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker hatte kürzlich betont, er rechne mit einer Entscheidung in der zweiten Oktoberhälfte.

Diplomaten hingegen erwarten erst nach den US-Wahlen am 6. November einen Bericht. Man wolle Erdbeben in der Weltwirtschaft vor dem US-Urnengang verhindern, hieß es in Brüssel.

In Griechenland gab es unterschiedliche Äußerungen dazu. "Es gab einige Fortschritte, es bleibt noch eine Finanzierungslücke, aber es gibt neue Ideen, wie die gedeckt werden kann", sagte ein Regierungsvertreter in Athen nach den Gesprächen mit den Troika-Experten am Donnerstagabend. Es sei schon in Kürze eine endgültige Einigung möglich, so dass die Troika-Experten dann abreisen und ihren Schlussbericht verfassen könnten, sagte er. Es hatte zuvor in Regierungskreisen aber auch Stimmen gegeben, nach denen eine Einigung noch etwas Zeit erfordere. Kommt es tatsächlich zu einer schnellen Verständigung, könnten die Euro-Finanzminister bereits am 8. Oktober den Bericht abschließend behandeln.

Weiterer Schuldenschnitt ausgeschlossen

Ein erneuter Forderungsverzicht der Gläubiger ist für die deutsche Regierung nach eigenen Angaben kein Thema. Der Sprecher des Finanzministeriums Martin Kotthaus verwies auf das zweite Hilfspaket für Griechenland, um das es bei den aktuellen Verhandlungen geht. "Darüber hinaus gibt es für mich keinerlei Anlass, mich an irgendwelchen Spekulation über irgendeinen weiteren Schuldenschnitt und Ahnliches mehr zu beteiligen", sagte er. Gleichentags wies die EU-Kommission Spekulationen zurück, wonach sie mit dem krisengeschüttelten Spanien in Hinterzimmern ein neues Hilfsprogramm auslote. Die "Financial Times Deutschland" hatte zuvor unter Berufung auf Eurozonenkreise berichtet, bei Erwägungen zu einem neuerlichen Schuldenerlass habe man vor allem die bilateralen Hilfen von Euro-Mitgliedsländern für Griechenland im Rahmen des ersten Hilfepakets im Blick. In diesem Rahmen haben die Euro-Länder zusammen 53 Mrd. Euro gezahlt. Davon kamen 15,2 Mrd. Euro aus Deutschland.

Dass ein solcher Forderungsverzicht zulasten der EZB gehen könne, die griechische Anleihen gekauft hatte, wird in verschiedenen Notenbankkreisen ausgeschlossen. Ein solcher Akt wäre als unerlaubte Staatsfinanzierung zu werten und stehe deshalb als gangbarer Weg nicht zur Verfügung, hieß es.

Für die Großbank UBS rückt ein baldiges Ausscheiden von Hellas aus der Euro-Zone wegen der hohen Schulden näher: "Unser Basisszenario geht davon aus, dass Griechenland nächstes Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent austreten wird", sagte UBS-Chefökonom Daniel Kalt in einem Interview mit der "Basler Zeitung". Grund seien die hohen Schulden. Griechenland hänge am Tropf der Europäer, die jedes Quartal wieder Geld zuschießen müssten, sagte Kalt. Der Schuldenschnitt, der die privaten Gläubiger zur Kasse gebeten habe, habe die Schuldenquote Griechenlands gerade mal um 8 Prozent reduziert. Sie liege aber immer noch bei mehr als 150 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP). "Das Problem ist noch lange nicht gelöst, es geht weiter", sagte Kalt. (APA, 21.9.2012)