Drei Viertel aller Österreicher sind regelmäßig auf Rädern unterwegs. Telefonieren während des Fahrens ohne Freisprechanlage soll verboten werden.

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Wien - Das erste Mal ohne Stützräder die Balance auf einem Fahrrad zu halten kommt in der Rangliste der wichtigsten Erinnerungen gleich nach dem ersten Kuss. Wer es einmal geschafft hat, schwingt sich in der Regel immer wieder auf den Sattel. Bereits drei Viertel aller Österreicher fahren regelmäßig Rad, landesweit gibt es sieben Millionen Fahrräder. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat der Radverkehrsanteil um 40 Prozent zugenommen.

Auf den Boom will Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) nun mit neuen gesetzlichen Rahmenbestimmung reagieren. Im Gespräch mit dem Standard erteilt sie manchen Forderungen, die jüngst vor allem aus der Wiener Kommunalpolitik kamen, eine klare Absage:

  • Kennzeichen: Ursula Stenzel (ÖVP), die Bezirksvorsteherin der Wiener Innenstadt, kurvt zwar bereits mit einem selbstgebastelten Radlkennzeichen (W Stenzel 1) herum, und auch Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kann sich Nummerntafeln für Fahrräder vorstellen, doch für Bures kommt diese Maßnahme nicht infrage: "Der bürokratische Aufwand wäre unverhältnismäßig hoch." Allein die Zulassungsregistrierung würde laut Bures landesweit rund 1000 Beamte beschäftigen. Dies auch deswegen, weil Fahrräder wesentlich öfter als Autos die Besitzer wechseln.
  • Promillegrenze: Die derzeitige Alkoholisierungsgrenze für Radler von 0,8 Promille will Bures nicht auf das Autofahrerniveau von 0,5 Promille senken. Grund: "Laut Statistik spielt Alkoholisierung keine signifikante Rolle bei von Fahrradfahrern verursachten Unfällen." Grundsätzlich kann die Polizei außerdem jetzt schon leicht angesäuselte Radler, wenn diese einen verkehrsuntüchtigen Eindruck machen, aus dem Verkehr ziehen. In Stein gemeißelt sind die 0,8 Promille aber für Bures nicht, sollte in der Begutachtungsphase zur Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) neuer Input kommen, ist sie bereit, über eine mögliche Absenkung weiter zu diskutieren. Die Experten im Rad-Unterausschuss des Ministeriums, auf die sich Bures beruft, sehen eben keinen Grund dafür.
  • Handyverbot: Das ausdrückliche Telefonierverbot während des Radelns kommt. Genau genommen ist es schon jetzt nicht erlaubt, telefonierend in die Pedale zu treten, weil immer eine Hand am Lenker bleiben muss, aber keine mehr frei sein kann, wenn man gleichzeitig telefoniert und Abbiegehandzeichen gibt. Doch Bures will eine legistische Klarstellung in der StVO festschreiben. Wie im Auto soll aber eine Freisprecheinrichtung erlaubt sein.
  • Radwegepflicht: Die Pflicht, einen vorhandenen Radweg oder Mehrzweckstreifen zu benützen (also das Verbot, auf einer parallel verlaufenden Straße zu fahren), kann fallen. Bures will die Regelung " flexibilisieren" und die Entscheidung den Straßenerhaltern, also auch Ländern und Gemeinden, überlassen. Die Erlaubnis muss aber durch Beschilderung klar gekennzeichnet werden. Für Rennradler auf Trainingsfahrt gibt es schon jetzt Ausnahmen.
  • Begegnungszonen: Gesetzlich explizit soll auch die Möglichkeit für sogenannte Begegnungszonen geschaffen werden, wo ähnlich wie in Shared-Space-Bereichen alle Fahrzeuge und Fußgänger gleichberechtigt unterwegs sind. In Fahrradstraßen hingegen sollen Kraftfahrzeuge nur zu- und abfahren dürfen. (Michael Simoner, DER STANDARD, 21.9.2012)