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Heiße Luft oder handfeste Beweise der Ermittler gegen Karl-Heinz Grasser? Die Entscheidung über eine Anklage naht.

Foto: Reuters/foeger leonhard

Wien - Derzeit scheint sich wieder alles gegen Karl-Heinz Grasser zu verschwören. Selbst Heinrich Schwägler lässt den früheren Finanzminister fallen. Der Schweizer Vermögensverwalter distanziert sich nun von der Theorie, dass die über die Treuhandfirma Ferint geflossenen Gelder Grassers Schwiegermutter Marina Giori-Lhota zuzuordnen sind. Vielmehr sieht Schwägler in Karl-Heinz Grasser den "Treugeber und damit wirtschaftlichen Eigentümer der Vermögenswerte und Erträge auf dem EUR-Konto 492140 bei der Meinl Bank AG".

Bisher hatte der Ex-Minister behauptet, er habe die 500.000 Euro im Auftrag der Schwiegermutter in bar über die Grenze gebracht und nach Ladenschluss in der Meinl Bank übergeben. Zwar vermuten die Ermittler schon länger, dass Grasser hinter Ferint steht, zumal auch Giori-Lhota bestritt, dass sie wirtschaftlich berechtigt sei. Doch mit Schwäglers Feststellungen hat sich der Verdacht der Behörden erhärtet.

Der Schweizer Freund von Julius Meinl, über den auch Grasser zum St. Gallener Treuhänder vermittelt wurde, dürfte ohnehin stinksauer auf den Ex-Minister sein. Sollten Grassers bisherige Angaben unrichtig sein, meint Schwägler laut Protokoll der Ermittler, "würde sich bei uns der Eindruck verstärken, dass die Ferint AG und ich in diesem Fall instrumentalisiert wurden".

Wie berichtet veranlagte Grasser das Ferint-Geld noch in der Zeit als Finanzminister in Genussscheine der Kärntner Hypo, um damit mehr als 250.000 Euro Gewinn einzustreifen. Investment und Ertrag wurden dann an die Mandarin Group - ein Briefkasten in Belize mit Konto bei der Raiffeisenbank Liechtenstein, der ebenfalls Grasser zugerechnet wird - überwiesen. Sein Anwalt Manfred Ainedter sagt dazu, es handle sich sehr wohl um das Geld der Schwiegermutter, allerdings gehe die Ferint-Konstruktion auf den Ex-Minister zurück.

Heißer Herbst

Warum diese ganze Angelegenheit wichtig ist? Es geht um die Frage, ob KHG bei Privatisierungen wie jener der 60.000 Bundeswohnungen mitschnitt. Während hier noch geforscht wird, sind die Ermittler im Finanzstrafverfahren nach eigenen Angaben viel weiter. Am heutigen Donnerstag kommt es zu einer weiteren Einvernahme Grassers und von Vertretern der Meinl-Bank. Für 10. Oktober ist die Schlussbesprechung anberaumt. Für die Ermittler ist schon jetzt klar, dass es zu einer Teilanklage finanzstrafrechtlicher Natur kommen wird. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft will den Bericht abwarten. Eine allfällige Teilanklage sei im Sinne der Verfahrensbeschleunigung denkbar, sagte ein Sprecher.

Im Zentrum der Vorwürfe steht die Verbuchung von an die neun Millionen Euro Einkommen, die Grasser aus der Tätigkeit für die Meinl International Power erhalten hat. Gut die Hälfte davon soll nach Ansicht der Behörden über ein kompliziertes Firmengeflecht mit Stiftungen in Liechtenstein und Gesellschaften auf den Virgin Islands nicht versteuert worden sein. Grasser beruft sich darauf, die Konstruktion sei von seinem damaligen Steuerberater Peter Haunold entwickelt und der Finanz offengelegt worden. Haunold hat sich in der Zwischenzeit von der Verbuchung der Vertriebsprovisionen distanziert. Zudem wurden umfangreiche Darlehen der Stiftungen bekannt, mit denen Grassers Penthouse und Wörthersee-Villa finanziert worden sein sollen.

Die Finanz geht von einer Steuerschuld von 2,6 Millionen Euro aus. Zudem wird geprüft, ob neben der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung mit bis zu fünf Jahren Haftandrohung auch der 2011 eingeführte Tatbestand des Abgabenbetrugs - er gilt etwa bei Dokumentenfälschung - zur Anwendung gelangen könnte. Ainedter weist alle Vorwürfe zurück, es gilt die Unschuldsvermutung.

Porsche nicht versteuert

Das Finanzstrafverfahren sei "der letzte Strohhalm", an den sich die Ermittler klammerten, wettert der Anwalt. Und ein anderer Grasser-Vertrauter ergänzt: Eine allfällige Steuernachzahlung werde man ohnehin der Beratungsgruppe Deloitte weiterverrechnen, für die Haunold tätig ist. Mit einer Haftstrafe rechnet das Lager nicht, der Staat wolle nur Geld. Allenfalls werde man zum Verwaltungsgerichtshof gehen.

Es gibt freilich noch andere Ansätze. 25.000 Euro Steuerschuld hat die Finanz errechnet, weil der Porsche-Konzern Grasser in dessen Amtszeit einen Sportwagen zur Verfügung gestellt habe. Als "verbotene Geschenkannahme" wertet das ein Ermittler. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 20.9.2012)

Update: Grasser-Anwalt Manfred Ainedter dementiert am Donnerstag, dass Grasser einvernommen wird. "Die Besprechung heute findet auf Steuerberaterebene statt", sagte er gegenüber der APA (Austria Presse Agentur). In Sachen Leihporsche gibt sich die Porsche AG Stuttgart zugeknöpft. "Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir uns dazu leider nicht äußern", beschied der Konzern der APA.