Visualisierte Nachdenkprozesse und Satzfragmente von Ricarda Denzer: " Aufzeichnungen 2006-2012".

Foto: Ricarda Denzer

Wien - "Donnerstag, Montag" oder "Spintisieren. Herbeidenken" steht inmitten von bunten Kritzeleien und Sätzen, die Überlegungen zu unterschiedlichsten Themen betreffen. Worte wie "Gewerkschaft" oder " Beunruhigung" tauchen auf, aber auch Zitate (meist unausgewiesener Herkunft), Textfragmente oder ganz banale Fragen zur technischen Seite der Produktion.

Seit 2006 entstehen diese bunten Notizblätter parallel zu Ricarda Denzers Arbeit. Die 1967 geborene Künstlerin versteht ihre dicht beschriebenen Blöcke auch als "audiovisuelle Gedächtnisprotokolle". Für Denzer, die sich immer wieder mit verschiedenen Erzähl-, Gesprächs- und Interviewformen befasst hat, spielen diese visuell ansprechenden Protokolle eine wichtige Rolle: Ihre "wilden" Gedanken sollen so eine Struktur erhalten. Ein relativ chaotisches Schriftbild, abgebrochene Sätze, aber auch Kritzeleien erzählen ebenso von Gedankensprüngen wie von Konzentration oder eingelegten Pausen.

Perplexities ist die Ausstellung betitelt, die damit Bezug nimmt auf Hannah Arendt. Arendt war der Meinung, dass man angesichts all der Ratlosigkeit in der Welt nichts anderes machen kann, als das Nachdenken darüber zu teilen. Zu sehen sind eine relativ kleine Auswahl von Denzers Blättern, aber diesmal geht die Künstlerin noch einen Schritt weiter: Seit langem am Verhältnis von Sprache, Schrift, und Stimme, aber auch dem zwischen Hören und Sehen interessiert, hat sie Soundkünstler Peter Szely gebeten, ihre Notizen als Ausgangspunkt für eine Komposition zu verwenden.

Betritt man die Galerie, taucht man nun gleichzeitig ein in einen Hörraum, in dem die notierten Gedanken zu tanzen beginnen: Der Ablauf folgt freilich keinem wiederholbaren Rhythmus, sondern gibt akustisch vielmehr jene (unsystematische) Logik wieder, mit der die Künstlerin ihre Assoziationen, Ideen und Fragen zuvor zu Papier gebracht hat. Immer wieder gibt es deswegen auch auf der Tonebene Sprünge und Brüche, und immer wieder taucht irgendwo ein Textfragment auf, das auf der anderen Seite des Raumes seine Fortsetzung findet.

An Formen des Denkens interessiert, die erlernte Muster durchbrechen, stellt Denzer den Informationsgehalt hintenan. Auch wenn Worte wie " Sicherheit" politische Assoziationen eröffnen, geht es ihr viel mehr um die Annäherung an ein Denken, das weder zwischen Text, Sound und Bildern noch zwischen Alltagsproblemen, Politik oder kunstspezifischen Fragen die üblichen Gräben aufreißt. (Christa Benzer, DER STANDARD, 20.9.2012)