Belgrad - Die Menschen in Serbien können sich dieser Tage kaum der Erinnerung an die 1990er Jahre erwehren. Zwölf Jahre nach dem Sturz des Regimes von Slobodan Milosevic sind sogar in führenden ausländischen Handelsketten jene Regale leer, in denen normalerweise Speiseöl und Zucker zu finden sind. Beim vertrauten Gemüsehändler um die Ecke konnte man die gesuchte Mangelware finden, natürlich zu einem wesentlich höheren Preis.

Eine plausible Erklärung dafür, warum Speiseöl und Zucker zur Mangelware geworden sind, konnte das Handelsministerium bisher nicht geben. Probleme soll es demnach bei den Lieferanten geben. Schuld wurde inoffiziell auch den Produzenten des Nationalgerichts Ajvar - in Öl eingerührter Paprika - im Süden des Landes angelastet, für die die ersten Septemberwochen alljährlich die Hochsaison darstellen und die größere Ölmengen verbrauchen.

Um die Situation zu entspannen, sollen aus den staatlichen Warenreserven 5.000 Tonnen Speiseöl und ebenso hohe Zuckermengen bereitgestellt werden, verkündeten die Behörden. Wegen der Ungewissheit, wie lange die Vorräte zu festgelegten, niedrigeren Preisen zu kaufen sind, werden Hamsterkäufe befürchtet.

Verordnete Preislimits schuld?

Während sich die Verbraucher hauptsächlich um Speiseöl und Zucker kümmern, gibt es bereits Gerüchte, dass demnächst auch Milch zur Mangelware werden könnte. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Der Staat will angesichts der seit Jahren sinkenden Kaufkraft die Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel verhindern. So plante man, dem Kleinverbraucher unter die Arme zu greifen und die Handelsmargen für die grundlegenden Nahrungsmittel - Milch, Fleisch, Zucker, Mehl und Speiseöl - auf zehn Prozent zu beschränken.

Der Durchschnittslohn liegt derzeit bei etwa 300 Euro, die Inflation bei zehn Prozent. Für Oktober wurden in den meisten städtischen Heizwerken bereits Preissteigerungen angekündigt. Auch die Mehrwertsteuer wird per Regierungsentscheidung von derzeit 18 auf 20 Prozent steigen.

Die nationale Währung, der Dinar, holte am heutigen Mittwoch unterdessen gegenüber dem Euro um 0,7 Prozent auf. Ein kleiner Trost für jene Bürger, die ihre an Euro geknüpften Wohnungs- und Verbraucherkredite allmonatlich zu bedienen haben. Allerdings verlor der Dinar seit Jahresbeginn bereits zwölf Prozent an Wert gegenüber dem Euro. (APA, 19.9.2012)