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Gabriela Moser ist als Feindbild abhandengekommen, jetzt stehen die Spitzen der Koalition mit leeren Händen da. Wie es weitergeht, überlassen sie dem Parlament.

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U wie U-Ausschuss - Gabriela Moser geht als Vorsitzende: "Ich mache den Weg frei, damit die Weiterarbeit erfolgen kann."

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Vizekanzler Michael Spindelegger und sein ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf entschieden sich lieber für den Hintereingang. Die Ankündigung von Gabriela Moser, von ihrem Vorsitz des Untersuchungsausschusses zurückzutreten, hat in der großen Koalition offensichtlich wenig Freude ausgelöst. Vor dem Ministerrat erhielt man auf Nachfrage ungewohnt ähnlich klingende Reaktionen: Der Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) versuchte bei seiner Feststellung, der weitere Verlauf sei alleine Aufgabe des Parlaments, er werde sich nicht einmischen, zu lächeln - so ganz wollte ihm das nicht gelingen. Als ein Journalist meinte, dass "wir das heute noch öfter hören werden", hat er recht behalten.

Als einziges Regierungsmitglied erklärte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, er wünsche sich eine "Fortsetzung des Ausschusses mit genauem Zeitplan". Sein Parteichef Spindelegger betonte freilich nach dem Ministerrat, dass dies eine persönliche Meinung und nicht Parteilinie sei.

Spindelegger wünscht sich "volle Aufklärung"

Allerdings sei durch den Rücktritt Mosers eine neue Situation entstanden. Der Vizekanzler wünsche sich "volle Aufklärung" und wiederholte das Mantra von der eigenständigen "Entscheidung der Abgeordneten". Kanzler Werner Faymann besteht darauf, bereits alles gesagt zu haben - wenn er geladen wird, werde er vor dem Ausschuss erscheinen. Er stelle aber klar: "Ich bin nicht das einzige Regierungsmitglied, das für Inserate zuständig war."

Die von einer Äußerung des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl entfachten Gerüchte um eine vorgezogene Neuwahl wiegelten beide ab: Faymann sagte, dass mit Wahlen nicht spekuliert werden solle, und Spindelegger bestätigte einen regulären Termin nächsten Herbst mit der zweimaligen Aufforderung, "die Kirche im Dorf zu lassen".

ÖVP setzt Kritik an Moser fort

Im Parlament denkt offenbar auch kaum jemand an Neuwahlen - vielmehr richtete man sich am Dienstag darauf ein, den Ausschuss vielleicht doch wieder in Gang zu bringen. Wobei die ÖVP Kurs zu halten versuchte, indem sie ihre Kritik an Moser auch über deren Rückzug hinaus weiterführte. ÖVP-Abgeordneter Werner Amon sprach von einem "taktischen Rückzug" Mosers, der absehbar gewesen sei, aber seitens der ÖVP erst für Mittwoch erwartet worden sei, "damit die Grünen den medialen Paukenschlag noch effektiver vollführen können".

Das "Misstrauen in die Vorsitzführung" sei durch Mosers Rücktritt nun "abgebaut" worden, meinte Amon. Er sei optimistisch, dass die Grünen einsehen, Fehler gemacht zu haben, und die inhaltlichen Differenzen gelöst werden können. Sowohl Amon als auch sein sozialdemokratisches Gegenüber Otto Pendl wollten am Dienstag nicht ausschließen, dass die Ausschussarbeit durch einen Fristsetzungsantrag beendet wird. Allerdings meinte Pendl, mit ihm habe nie jemand über so einen Antrag geredet.

Umfragewunsch Aufklärung

Eine Blitzumfrage des Linzer Market-Instituts für den ORF-Report zeigt, dass eine Mehrheit der Wahlberechtigten für eine Fortsetzung des U-Ausschusses ist: "76 Prozent der Wahlberechtigten sagen, dass der Ausschuss weiterarbeiten soll - wobei diese Forderung umso stärker ist, je höher die Bildung der Befragten ist", sagt Market-Chef Werner Beutelmeyer. Die wesentlichsten in dieser am Montag durchgeführten Online-Umfrage genannten Gründe für eine Fortsetzung des Ausschusses: lückenlose Aufklärung (49 Prozent), Korruptionsbekämpfung (16 Prozent), Offenlegung politischer Verwicklungen (15 Prozent).

Die 24 Prozent, die gegen eine Weiterführung des Ausschusses sind, nennen "unnötige Kosten" und mangelnde Ergebnisse als Hauptgründe für ihre Haltung.

Ein Vergleich der aktuellen Market-Umfrage mit einer früheren für den Standard ergibt: Seit April hat der Ausschuss an Bedeutung gewonnen. Damals hatten 91 Prozent gemeint, der Ausschuss werde wenig bewirken, inzwischen sagen das nur noch 60 Prozent. Immerhin 15 (April: acht) Prozent erwarten konkrete Auswirkungen. Und noch etwas zeigt die Umfrage: 91 Prozent wollen, dass Kanzler Faymann im Ausschuss befragt wird. (APA/aab/cs, DER STANDARD, 19.9.2012)