In wenigen Monaten sollen wir in Österreich über die Zukunft von Wehrpflicht und Zivildienst abstimmen. Bislang sehe ich mich vonseiten der Regierungsmitglieder mit vielerlei unsachlichen Aussagen konfrontiert und staune, wie lapidar die Frage der Zivildiener im Rettungswesen als "Beiwagerl" zur Heeresreform-Debatte diskutiert wird.

"Wenn der Zivildienst wegfällt, kommt die Rettung mit 10 bis 20 Minuten Verspätung", populistische Argumente, wie dieses der Innenministerin, fallen besonders auf. Auch eine Aussage von Laura Rudas ist dabei nicht wirklich hilfreich. Sie beschwichtigt und meint, dass die Menschen keine Angst zu haben bräuchten, denn "in Wien gibt es ja immerhin auch ein funktionierendes Rettungswesen".

Angestellt bei der Wiener Rettung

Es stimmt natürlich, dass tausende Zivildiener auch im Rettungswesen eine tragende Säule sind. Unbekannt scheint hier zu sein, dass es neben den "üblichen" Rettungsorganisationen, wie beispielsweise dem Roten Kreuz, in Wien mit der Wiener Rettung ein System gibt, das mit angestellten Mitarbeitern arbeitet. Es ist die Wiener Rettung, die zu den positiven Statistiken im Vergleich der Bundesländer untereinander beiträgt, da sich diese Organisation durch einen Ausbildungsstandard auszeichnet, der höher als jener der meisten anderen Rettungsorganisationen ist. Ein Ausbildungsstandard, der nicht einmal zwangsläufig von langjährigen ehrenamtlichen Mitarbeitern erreicht wird. Notfallkompetenz eines Sanitäters bzw. einer Sanitäterin hört nicht beim rechtzeitigen Eintreffen am Notfallort auf!

Laut Sanitätergesetz erreicht der Rettungssanitäter die erste Ausbildungsstufe mit nur 260 Stunden Ausbildung. Diese zweimonatige Ausbildung durchlaufen auch Zivildiener. Durch die dort gewonnenen Kenntnisse kann man zwar lebensrettende Sofortmaßnahmen setzen und im nicht dringenden Krankentransport tätig sein. Das Gesetz legt jedoch die Betreuung und den Transport von Notfallpatienten in die Hände von besser ausgebildeten Notfallsanitäter.

Sind unsere Ausbildungsstandards vertretbar?

Rettungssanitäter alleine in der Notfallrettung einzusetzen ist nicht nur unzulässig, sondern auch fahrlässig gegenüber Patienten und Sanitätern! International gesehen ist die Ausbildungsdauer für nichtärztliches Personal in Österreich sehr gering und wir bewegen uns an der Schwelle der gerade noch vertretbaren Minimal-Standards. Trotz der enorm hohen Verantwortung, die diese Tätigkeit mit sich bringt , begnügt man sich mit einer so geringen Ausbildung. Grund genug, die aktuelle Debatte der Heeresreform auch dazu zu nutzen, über die überfällige Qualitätssteigerung und Professionalisierung im Rettungswesen zu diskutieren.

Angesichts der aktuellen Debatte in Deutschland, wo eine Erhöhung der Sanitäterausbildung von zwei auf drei Jahre überlegt wird, wirkt die Diskussion über den Erhalt unseres Rettungssystems durch Zivildiener geradezu lächerlich.

Ich erwarte mit Spannung Minister Hundstorfers Präsentation eines alternativen Modells. Es wäre wünschenswert, fair abgesichert im sozialen Bereich die Möglichkeit zu haben, den eigenen Horizont zu erweitern. Gerade im Rettungsdienst sollte eine fundierte Ausbildung der Sanitäter oberstes Ziel sein. Sanitäter nach einem Schnellsiedekurs in Notfallsituationen zu schicken, die sie aufgrund mangelnder Erfahrung nicht bewältigen können, geht nach hinten los.

Politik in die Verantwortung nehmen

Es ist zu kurz gegriffen, Ehrenamtlichen, Zivildienern bzw. Absolventen eines Freiwilligen Jahres die Verantwortung für ein optimal funktionierendes Rettungswesen aufzubürden - es ist vielmehr die Aufgabe der Politik, für bestmögliches, den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechendes Training von Sanitäter zu sorgen. (Leserkommentar, Armin Reisinger, derStandard.at, 25.9.2012)