Wien/Brüssel - Die Internationale Atomenergiebehörde setzt trotz fehlender Fortschritte im Atomstreit mit dem Iran weiter auf Gespräche. Das sagte IAEA-Chef Yukiya Amano in seiner Rede zum Auftakt der IAEA-Generalkonferenz am Montag in Wien. Die EU kündigte Sondierungsgespräche mit iranischen Unterhändlern an.

Die Atomenergiebehörde werde die Verhandlungen mit dem Iran fortsetzen, um alle offenen Fragen zu klären, sagte Amano. "Ich hoffe, wir werden uns ohne weitere Verzögerung auf eine Lösung einigen, die dann auch direkt umgesetzt wird." Die Staatengemeinschaft verdächtigt den Iran, an Atomwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet das.

Die EU bestätigte, mit iranischen Unterhändlern zu einem informellen Treffen in der Türkei zusammenzukommen. In einer Erklärung einer EU-Sprecherin vom Montag in Brüssel heißt es, die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton werde den iranischen Chefunterhändler Said Jalili am Dienstagabend in Istanbul treffen. Ashton werde den Iran zu "mehr Flexibilität" im Streit um Irans Atomprogramm auffordern.

Ashton und Jalili hatten ursprünglich vereinbart, Ende August die Gespräche im Atomkonflikt wieder aufzunehmen. Drei vorherige Verhandlungsrunden in Istanbul (April), Bagdad (Mai) und Moskau (Juni) waren ebenso wie Expertengespräche im Juli erfolglos geblieben. Ashton verhandelt im Namen der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und Deutschlands mit dem Iran.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte, sie setze auf eine politische Lösung des Streits mit dem Iran. "Ich glaube, dass der politische Spielraum nicht ausgeschöpft ist", sagte Merkel am Montag in Berlin. Deshalb müsse die Staatengemeinschaft die Bemühungen "mit aller Intensität" weiterführen. Merkel verwies darauf, dass auch über neue Sanktionen gesprochen werde.

Außenminister Michael Spindelegger erklärte anlässlich des IAEA-Gouverneursrats am Montag, die Gespräche im Atomstreit mit dem Iran seien bisher "frustrierend und enttäuschend" gewesen. Er hoffe aber nun auf einen Dialog, der bis hin zur Errichtung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten führen soll. Als bisher einzige Atommacht der Region gilt Israel, das seit langem über Nuklearwaffen verfügen soll.

Der Chef der iranischen Atombehörden, Fereydoun Abbasi-Davani, machte bei dem Treffen in Wien die Atombehörde indirekt für Sabotage seiner Nuklearanlagen verantwortlich. "Terroristen und Saboteure könnten die Agentur unterwandert haben und versteckt die Fäden ziehen", erklärte er und nannte als Beispiel einen Bombenanschlag auf die Anlage Fordow vom 17. August, bei dem Stromleitungen durchtrennt wurden. Dies sei ein Weg, um Zentrifugen zur Urananreicherung zu zerstören. Am nächsten Tag hätten die Atominspektoren eine unangekündigte Besichtigung der Anlage gefordert.

Zuletzt hatte es auch Berichte über Computerviren-Angriffe auf iranische Atomanlagen gegeben, die den USA und Israel zugeschrieben werden. US-Präsident Barack Obama und Israels Premier Benjamin Netanjahu sind jedoch geteilter Meinung über ein Vorgehen gegen den Iran. Israel plädiert für einen baldigen Luftschlag gegen Irans Atomanlagen. (Reuters, dpa, red, DER STANDARD, 18.9.2012)