Washington - Es war eine hochkarätige Delegation aus der Heimat, die sich am Wochenende der österreichischen Wissenschaftscommunity in den USA gestellt hat: Aus Politik, Universitäten, Forschungsinstituten und der Industrie befleißigte man sich beim 9. "Austrian Science Talk" in Washington D.C., den österreichstämmigen, zum Teil seit vielen Jahren in den USA tätigen Forschern ein einladendes Bild von den Möglichkeiten in der heimischen Wissenschafts-Landschaft zu zeichnen. "Man merkt, dass die Skepsis geringer und die Einstellung gegenüber Österreich bei vielen Wissenschaftern positiver geworden ist", zog Wissenschaftsattache Philipp Marxgut Bilanz.

Warum zurückkehren?

Die Gründung des Institute of Science and Technology (IST) Austria, Unireform, Neupositionierung des Austrian Institute of Technology (AIT), Programme des Wissenschaftsfonds FWF: In Österreich hat sich in den vergangenen 15 Jahren viel getan, will man den Österreichern klarmachen, die ins gelobte Land der Forschung gegangen sind. Mehr als 1.000 österreichische Forscher leben in den USA, die meisten sind in den Naturwissenschaften tätig. Eine Rückkehr können sich viele vorstellen. "Wenn es entsprechende Möglichkeiten gibt", hört man oft. Die Familie, die Freunde, ganz allgemein die höhere Lebensqualität in Österreich betonen viele. Aber - wie forschen, wenn der Klinikalltag keine Zeit dafür lässt? Warum an eine Uni kommen, die keine Aussicht auf eine unbefristete Stelle bieten kann?

400 Professuren werden frei

"Ich bin hergekommen, um mir anzuhören, welche Bedingungen sie brauchen würden, um zurück zu kommen", erklärte die Vizerektorin der Medizinischen Universität Wien, Karin Gutierrez-Lobos. Uni Wien-Rektor Heinz Engl betont in seinen Vorträgen, dass in den nächsten fünf Jahren 400 Professuren durch Pensionierungen frei würden. IST Austria-Chef Tom Henzinger spricht von der Erweiterung seines Teams und unterstreicht, dass er zwar keine Österreicher-Quote habe, sich aber "freuen würde, wenn es ein bisschen mehr wären". Auch aus der Industrie wird geworben. Sabine Herlitschka, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei Infineon Österreich, oder Josef Affenzeller, Forschungskoordinator beim Grazer Motorenentwickler AVL, wollen "Interesse wecken". Alle Jobangebote aus der Heimat fasst die Forschungsförderungsgesellschaft FFG auf einer Website für die US-Wissenschafter zusammen - und zahlt einen Reisekostenzuschuss, sollte sich ein Bewerbungsgespräch ergeben.

Mit ERC-Grants locken

Nicht zuletzt ist auch die EU interessiert daran, gute Köpfe zu holen. "Die ERC-Grants sind die flexibelste Art, Forschungsgeld zu verteilen", betonte der Generalsekretär des European Research Council (ERC), Donald Dingwell. Nur 50 Prozent ihrer Zeit müssen die ausgezeichneten Forscher an einer Institution innerhalb von Europa verbringen - an welcher, bleibt ihnen selbst überlassen, auch ein späterer Wechsel ist möglich. Die Forschungsförderung in Österreich steckt indes in Budgetverhandlungen, um positive Signale bemüht zeigten sich aber die Vertreter des Infrastruktur- und des Wissenschaftsministeriums.

Vertikal-hierarchisches Wissenschaftssystem aufbrechen

Laut Informationen des Office of Science and Technology (OST) an der österreichischen Botschaft in Washington, sind von jenen österreichischen Forschern, die die USA wieder verlassen haben, fast alle nach Europa und davon etwa drei Viertel nach Österreich heimgekehrt.

Das Netzwerk "Ascina", das die österreichischen Forscher in den USA verbindet, hat auch eine Wiener Zweigstelle. "Mit Selbsthilfegruppen", scherzt Dietrich Haubenberger, der selbst nach mehrjähriger klinischer Forschungstätigkeit an den US-National Insitutes of Health ans AKH zurückgekehrt ist, aber immer noch Projekte in den USA weiterführt. "Der Grund zurückzugehen hat mit allem zu tun, aber nicht mit Wissenschaft", sagt er. Er selbst habe aber gut Lust, daran etwas zu ändern. "Ich wäre gern dabei, wenn ein vertikal-hierarchisches Wissenschaftssystem aufgebrochen und ins 21. Jahrhundert geführt wird." Auch transatlantische Forschung bewähre sich bei ihm bestens. "Es gibt keine österreichische Wissenschaft - das klingt nach Regionalliga. Es gibt einfach nur Wissenschaft." (APA, 17.9.2012)