Bild nicht mehr verfügbar.

Nur wenige homosexuelle Paare in Malaysia trauen sich ihre Zuneigung offen zu zeigen.

Foto: AP Photo/Vincent Thian

Malaysia macht mit einem Programm Schlagzeilen, das skurril anmutet, aber todernst gemeint ist: Lehrer und Eltern werden instruiert, homosexuelle Neigungen bei Kindern frühzeitig herauszufinden. Eine Vorliebe für V-Pullover und taillierte, helle Hemden sind demnach Alarmzeichen für Homosexualität bei Burschen. Wer sich mit "großen Handtaschen" (?) sehen lässt, gilt als besonders gefährdet.

Noch einfacher ist es bei potenziell lesbischen Mädchen: Sie erkennt man, weil sie gern mit ihresgleichen abhängen und nur selten mit Männern essen gehen - in einem Land mit streng muslimischen Verhaltensregeln und ebensolcher Geschlechtertrennung eine Strategie von entlarvender Intelligenz. Auch bei uns gibt es religiöse Eiferer, die das Geschenk der Liebe verbieten wollen, wenn es dem gleichen Geschlecht gilt. Bei aller ängstlichen Selbstgerechtigkeit aber käme es selbst diesen nicht in den Sinn, darüber zur Bespitzelung von Kindern anzustiften.

Dennoch: Hier wie da werden Ressentiments gegen das "andere" geschürt, statt die Entwicklung zu Freiheit und Selbstbestimmung zu fördern. Dass mit dieser Art von Repression nicht nur die Betroffenen massiven Schaden nehmen, sondern die Gesellschaft als Ganzes, wird allzu gern ausgeblendet. Dabei hatten wir bei Gott Gelegenheit zu erkennen, dass die eigentliche Krankheit in der Idee eines reinen und gesunden Volkskörpers liegt. (Severin Corti, DER STANDARD, 17.9.2012)