Tankwarte sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Nicht einmal die italienischen, die es bisher mühelos schafften, die mürrischen Grün- und Blaumänner in unseren Breiten locker auszustechen. Supernett, hilfsbereit und charmant hätten sie bei 35 Grad vermutlich sogar Heizdecken verkaufen können.

Als wir uns in den Abruzzen aus dem Auto gesperrt und nicht einmal Münzen für die Telefonzelle bei uns hatten, stellte uns einer dieser freundlichen Zeitgenossen gar sein Büro als Telefonzentrale zur Verfügung. Wir revanchierten uns mit saftigem Trinkgeld.

Ökoschmäh

Anhaltende Wirtschaftskrise, ausbleibende Kundschaft und natürlich die billigeren Selbstbedienungszapfsäulen dürften allerdings aufs sonnige Gemüt drücken. Oder sonst wohin, denn einige Tankwarte entwickelten ungewohnte Geschäftstüchtigkeit. Wer sich mit einem lässigen "pieno" den Tank bis zum Anschlag befüllen lässt, wird nicht selten überrascht.

Unter Garantie wird nämlich nicht herkömmlicher Diesel oder Superbenzin eingefüllt, sondern eines dieser verheißungsvollen Premiumprodukte, das dem Motor besonders guttut. Angeblich, denn sicher ist angesichts der versprochenen Wohltaten von mit Schnickschnack angereicherten Treibstoffen nur eines: Sie schaden dem Konto. Denn weniger Abgase, stärkere Performance, reduzierter Verbrauch und eine ominöse "Premium-Biokomponente" schlagen mit ein paar Euro zu Buche.

Ob der Tankwart für den Ökoschmäh Provision bekommt, ist nicht überliefert. Aber was tut man nicht aus Liebe zum Auto. (Luise Ungerboeck, Der Standard Printausgabe, 14.9.2012)