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"Keine Einschnitte, sondern Gerechtigkeit", fordern die Demonstranten in Madrid.

Foto: ap/Kudacki

Madrid/Lissabon - Zehntausende Menschen haben in Spanien und Portugal am Wochenende gegen die Sparpolitik ihrer Regierungen protestiert. In Madrid kamen am Samstag Teilnehmer aus ganz Spanien zu einer Großdemonstration zusammen. In Portugal versammelten sich Bürger zu zwei großen Kundgebungen in Lissabon und Porto sowie zu Protestmärschen in dutzenden weiteren Städten.

In Spanien hatten die beiden größten Gewerkschaften UGT und CCOO zusammen mit 150 weiteren Organisationen zu dem Protest aufgerufen. Nach Schätzung der Veranstalter versammelten sich in Madrid 65.000 Menschen, viele davon reisten aus anderen Gegenden Spaniens per Bus an. An der Großdemonstration auf der zentralen Plaza de Colon beteiligten sich unter anderem Polizisten in blauen T-Shirts, Feuerwehrleute mit ihren roten Helmen, in grün gekleidete Lehrer, Menschen aus Gesundheitsberufen in weiß, Beamte in schwarz, Alte und Pflegebedürftige in orange sowie Eltern mit Kinderwagen.

Sparvorschriften vermeiden

"Wir sagen der Regierung klipp und klar, dass wir nicht einverstanden sind, dass ihre Politik zu viel Schaden anrichtet, dass wir uns nicht fügen, weil es Alternativen gibt und weil es eine Lüge ist zu sagen, es gebe keinen anderen Ausweg", sagte CCOO-Chef Ignacio Toxo auf der Kundgebung. Die von Mariano Rajoy geführte konservative Regierung will im Kampf gegen die Schuldenkrise des Landes bis Ende 2014 mit einem drastischen Kürzungsprogramm 102 Milliarden Euro einsparen. Ziel ist es, einen Antrag auf Hilfen der EU zu vermeiden - um international überwachte Sparvorschriften zu vermeiden.

Die Maßnahmen sehen unter anderem die Erhöhung der Mehrwertsteuer und Kürzungen beim Arbeitslosengeld vor. Für neu arbeitslos Gewordene soll es nach sechs Monaten nur noch die Hälfte des Grundgehalts geben. Die Arbeitslosenrate liegt in Spanien bei 25 Prozent, bei jungen Leuten unter 25 Jahren beträgt sie gut das Doppelte. Beschäftigten im öffentlichen Dienst soll trotz steigender Lebenshaltungskosten das Weihnachtsgeld gestrichen werden. Spanien hat bereits eine Zusage über Hilfen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) von bis zu 100 Milliarden Euro zur Stützung seiner Banken erhalten.

Sozialkürzungen

In der portugiesischen Hauptstadt Lissabon kamen nach Angaben der Organisatoren am Samstag rund 50.000 Menschen zu einer Demonstration gegen die Sparpolitik zusammen. Ähnlich viele Menschen gingen in der zweitgrößten Stadt Porto auf die Straße. Weitere Kundgebungen mit tausenden Teilnehmern gab es in über 30 Städten des Landes. Aufgerufen zu dem Protest hatten Studenten und Künstler auf sozialen Netzwerken. Sie wurden aber von der größten Gewerkschaft CGTP und linken Parteien unterstützt.

Portugal hatte 2011 eine internationale Finanzhilfe in Höhe von 78 Milliarden Euro erhalten. "Zum Teufel mit der Troika" hieß es auf Spruchbändern gegen die im Gegenzug mit EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) ausgehandelten Kürzungen. Die Sparpolitik hat zu einem Schrumpfen der Wirtschaft geführt.

Vor einer Woche hatte die Regierung in Lissabon weitere Sozialkürzungen angekündigt. Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft soll der Sozialversicherungsbeitragssatz von 11 auf 18 Prozent erhöht werden. Dafür werden die Abgaben der Unternehmen gesenkt. Wegen dieser Maßnahme hat die sozialistische Opposition, die den Sparkurs bisher mitgetragen hatte, der konservativen Regierung die Gefolgschaft aufgekündigt. Auch innerhalb der rechtsgerichteten Regierungskoalition rumort es. Am Dienstag gaben die internationalen Gläubiger des Landes dem hoch verschuldeten Euroland ein Jahr mehr Zeit zur Budgetsanierung. (APA, 16.9.2012)