Die Niederländer haben dem populistischen Spuk, der auch ihre nüchtern-rationale Mentalität zeitweilig ergriff, eine massive Absage erteilt. Der Rechtspopulist Geert Wilders stand für Islamhass und zuletzt mehr noch für EU-Feindschaft. Der eierspeisblond gefärbte Wilders wurde bei den Wahlen schwer abgestraft und wird wohl eine viel kleinere Rolle im politischen Leben der Niederlande spielen.

Im Kontrast dazu steht die politische Situation in Österreich, auch ein kleineres Land mit beachtlichem wirtschaftlichem Gewicht in Europa: Die größte Oppositionspartei FPÖ setzt auf einen rabiaten Anti-EU-Kurs, der sogar ihre Ausländerfeindlichkeit in den Hintergrund drängte. Nicht viel anders ist es bei der kleinen Abspaltung BZÖ. Der Parteigründer in spe, Frank Stronach, will gar zurück zum Schilling. Umfragen zufolge ist er für gut 20 Prozent prinzipiell wählbar.

Wilders hat es zu wild getrieben. In den Niederlanden, wo die Zuwanderung viel größere Probleme verursacht als bei uns, ist sein antiislamischer Verfolgungswahn sogar schon den eigenen Leuten auf den Nerv gegangen. Ähnlich mit der EU: Die Niederländer sind ein exportorientiertes Volk und wissen, was sie an der EU und der gemeinsamen Währung haben.

Auch in Österreich bröckelt die Begeisterung für den Radikalismus der FPÖ etwas. Einzelne Funktionäre distanzieren sich von der antisemitischen Karikatur, die Heinz-Christian Strache auf seine Facebook-Seite stellt. In Innsbruck ist einer ausgetreten, weil ihm (als Hotelier) die aus Wien vorgeschriebenen fremdenfeindlichen Plakate ("Heimatliebe statt Marokkaner-Diebe") zu viel wurden.

In der EU-Frage scheinen die einschlägig ansprechbaren Wähler gleich zu Stronach wechseln zu wollen (obwohl Strache um nichts weniger radikal ist).

Eines der Grundprobleme Österreichs ist das geringe wirtschaftliche Verständnis. Über wirtschaftliche Zusammenhänge machen sich nur wenige Gedanken. Dass die Exportquote (gemessen am BIP) seit dem EU-Beitritt 1995 von 34,8 Prozent auf 57,3 Prozent (2011) rasant angestiegen ist, das weiß niemand - und damit kann man dem typischen Krone-Leserbriefschreiber auch nicht imponieren.

Dennoch zeigt das Beispiel der Niederlande, dass rechtspopulistischer Unfug nicht immer und überall die Meinungsvorherrschaft erringen muss. Wobei zwei Aspekte zu erwähnen sind: auch die europakritische Sozialistische Partei erzielte keinen Erfolg. Und: Der Wahlsieger Mark Rutte ist ein Rechtsliberaler. Das heißt, er tritt für Wettbewerb, Einsparungen in der Bürokratie und im Sozialsystem und für ein ausgeglichenes Budget ein. Er mutet den Bürgern angesichts der hohen Staatsverschuldung ausgesprochene Opfer zu und hat ihnen das offen gesagt. Sie haben ihn trotzdem - oder deshalb? - gewählt.

Österreich ist in dieser Hinsicht nicht die Niederlande. Dennoch wäre es vielleicht für unsere regierenden Angsthasen den Versuch wert, einmal nicht den populistischen Unfug der Rechtsparteien nachzubeten oder zu kooptieren, sondern ihm offen entgegenzutreten. (DER STANDARD, 15.9.2012)