Die Bedeutung des Bergbaus wird zunehmen: Anthony Hodge, Präsident des Internationalen Rats für Bergbau und Metalle, London.

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Standard: Bergbau ist mit enormem Verbrauch von Wasser, Energie und Land verbunden. Gibt es Chancen auf eine nachhaltigere, Ressourcen schonendere Form?

Hodge: Wir müssen Bergbau betreiben. Der Bedarf an Mineralien und Metallen wächst rapide. Die fortschreitende Urbanisierung, die wir sehen, Veränderungen bei kleinen und mittleren Einkommen, die auf einen steigenden Lebensstandard hindeuten - das alles sind Treiber der Entwicklung.

Standard: Sind technologische Verbesserungen in Sicht, die den Bergbau voranbringen könnten?

Hodge: Will man an die Bodenschätze, muss man Material bewegen. Daran führt kein Weg vorbei. Die meiste Energie geht drauf, den Stein zu brechen und das Material aus dem Berg zu schaffen. Die Frage ist also, gibt es eine Form des Bergbaus, die mit weniger Materialbewegung möglich ist.

Standard: Wie lautet ihre Antwort?

Hodge: Man zerbricht sich den Kopf. Die Technik, die im Bergbau heute zum Einsatz kommt, haben schon unsere Väter und Urgroßväter angewandt. In vielen Bergbauunternehmen wird nun an dem optimalen Design der Minen gearbeitet und daran, wie der Ablauf verbessert werden kann, um das Material effizienter aus dem Berg zu schaffen. So etwas geht nicht von heute auf morgen. Wir werden für Materialbewegungen noch lange Zeit sehr viel Energie aufwenden müssen. Bis eine bessere Lösung gefunden ist, sollten wir versuchen, nicht mehr Energie, Wasser und andere Ressourcen zu verbrauchen als unbedingt nötig. Die Unternehmen sind schon aus Kostengründen daran interessiert.

Standard: Vor kurzem hat die EU ein strategisches Abkommen mit Grönland unterzeichnet, das europäischen Unternehmen einen privilegierten Zugang zu Bodenschätzen gewährt. Ist das die Zukunft für Länder mit wenig Rohstoffen?

Hodge: Weltweit gibt es Sorge wegen des Rohstoffnachschubs. Viele Länder, auch einzelne Unternehmen haben Abkommen unterschrieben, um sich eine stabile Versorgungsbasis zu sichern. Das hat es auch früher schon gegeben.

Standard: Der Wettlauf um Rohstoffe nimmt an Intensität aber zu?

Hodge: Zweifellos ist die Versorgungssicherheit ein wichtiger Antrieb. Das ist aber nichts Neues und auch nicht schlimmer als früher. Die Leute haben Angst, weil die Chinesen den Markt für Seltene Erden kontrollieren, die für Mobiltelefone und vieles andere benötigt werden. Man muss aber sehen, dass China nicht der einzige Platz ist, wo Seltene Erden vorkommen. Es gibt sie auch in anderen Teilen der Welt, man muss sie nur herausholen. Es ist also mehr ein zeitliches Problem, bis man mit dem Abbau anderswo beginnen kann, weniger ein langfristiges Versorgungsproblem.

Standard: Ist der Rohstoffzyklus noch intakt?

Hodge: Der große Boom bei Rohstoffen ist vor rund zwei Monaten zu Ende gegangen - vorerst. Darauf deutet die Preisabschwächung bei wichtigen Rohstoffen hin - Folge der Krise in einzelnen Regionen und des insgesamt langsameren Wirtschaftswachstums. Europa spielt da eine maßgebliche Rolle. Viele große Unternehmen haben wegen der Verunsicherung Investitionen in Milliardenhöhe zurückgestellt. Wann es wieder beginnt, bleibt abzuwarten.

Standard: Steht die Branche vor einer Konsolidierung?

Hodge: Es gibt auch da ein Auf und Ab. Im Moment sehe ich keine neue Welle von Mergers and Acquisitions. (Günther Strobl, DER STANDARD; 15./16.9.2012)