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Apple geht mit dem iPhone 5 auf Nummer sicher und könnte sich damit ins eigene Fleisch geschnitten haben.

Foto: Reuters

Die Präsentation von Apples neuem iPhone hat ein enormes Interesse auf sich gezogen. Das Apple-Handy soll laut einer Studie gar der US-Wirtschaft einen Wachstumsschub verleihen. Doch was CEO Tim Cook am Mittwoch präsentiert hat, ist nach erstem Fazit der Tester weitaus weniger "magic" und "awesome" (beliebte Begriffe aus dem Apple-PR-Kosmos) als man es früheren Modellen zugeschrieben hatte. Beobachter stellen sich nun die Frage: Hat Apple seinen Drive verloren und ist das iPhone nur mehr langweilig? 

Features als Innovationen

Seit 2007 schaffte es Apple immer wieder dem Gesamtpaket iPhone Features hinzuzufügen, die - obwohl keine Erfindungen des Konzerns - Trends setzten. Kapazitiver Touchscreen, App Store, eine Kamera auf Digicam-Niveau oder die Sprachassistentin Siri sind nur einige Beispiele dafür. Sogar Weiß als Gehäusefarbe vermochte Apple als Innovation zu verkaufen.

Logische Weiterentwicklung

Dünner, leichter, größeres Display, schnellerer Prozessor - all damit kann das iPhone 5 aufwarten. Doch sind das Entwicklungen, die als Fixum für neue Modelle einer Smartphone-Serie gelten. Mit neuen Features wie LTE und einem schmäleren Connector holt Apple zu vielen Modellen der Konkurrenz auf, anstatt ihnen einen Schritt voraus zu sein.

Nicht immer Trendsetter

Dabei waren auch bisherige iPhone-Modelle keineswegs nur Trendsetter, in vielen Bereichen zog Apple der Konkurrenz schon früher hinterher, etwa bei UMTS bzw. nun LTE oder der (Android sehr ähnlichen) Benachrichtigungszentrale. Und Apple zeigt sich gegen viele Funktionen, die Nutzer bei anderen Smartphone lieben, weiterhin äußerst resistent, sie im iPhone unterzubringen. Dazu zählen etwa Widgets auf den Homescreens, Zugriff auf das Dateisystem oder erweiterte Sharing-Möglichkeiten über NFC.

Zukunftstrends

Dabei gäbe es in einigen Bereichen durchaus noch Potential, den Ton in der Branche anzugeben. Beim mobile Payment tastet sich derzeit Google mit Google Wallet auf dem Markt voran, Microsoft zieht mit einer ganz ähnlichen Funktion in Windows Phone 8 nach. Nokias neues Flaggschiff Lumia 920 kann kabellos aufgeladen werden. Und Samsung versucht, mit seinen Note-Modellen handschriftliche Eingaben auf Smartphones und Tablets zu etablieren.

Keine Experimente

In einem Interview rechtfertigte Marketing-Chef Phil Schiller bereits, wieso NFC und Wireless Charging nicht den Weg auf das iPhone gefunden haben. Kurzum: noch nicht ausgereift, nicht sinnvoll und zu kompliziert. Mit dem iPhone wagt Apple keine Experimente. Mit ein Grund, wieso es sich in den vergangenen Jahren so gut verkaufte. User schätzen vor allem, dass es mit ihren anderen Apple-Gerätschaften reibungslos funktioniert, ohne Einrichtung. Dafür nehmen viele Apples strenges Diktat in Kauf, was sie mit dem iPhone tun können. Beim iPhone 5 scheint es nun jedoch, als wäre Apple zu vorsichtig geworden. Auch wenn das Gerät gut ist, wenn es als "langweilig" abgestempelt wird, verliert Apple einen der wichtigsten Verkaufsfaktoren: das Image. (Birgit Riegler, derStandard.at, 15.9.2012)