Mailand - Die Euro-Krisenländer Italien und Irland haben sich nach dem grünen Licht des deutschen Bundesverfassungsgerichts zum Rettungsschirm ESM so günstig Geld geliehen wie lange nicht mehr. Italiens Zinsen für dreijährige Staatsanleihen fielen bei einer Auktion auf den niedrigsten Stand seit knapp zwei Jahren. Irland wagte sich zum zweiten Mal in diesem Jahr an den Kapitalmarkt: Investoren begnügten sich mit einem halb so hohen Zins wie bei dem Comeback seit fast zwei Jahren im Juli. Ein Ratsmitglied der Europäische Zentralbank hält es für möglich, dass die EZB ihre umstrittenen Anleihenkäufe gar nicht fortsetzen muss.

Frisches Geld

Italien besorgte sich am Donnerstag insgesamt 6,5 Mrd. Euro von Investoren. Die Rendite für dreijährige Staatsanleihen fiel auf 2,75 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2010. Bei der vorherigen Auktion im Juli waren es noch 4,65 Prozent. Die Rendite für Bonds mit Laufzeit bis 2026 fiel von 5,9 auf 5,32 Prozent. "Es zeigt, wie viel Optimismus da ist", sagte Analyst Marc Ostwald von Monument Securities.

Experten führen das darauf zurück, dass die Euro-Zone nun zwei neue Waffen gegen Spekulanten hat: die vorige Woche angekündigten unbegrenzten Anleihekäufe der EZB und den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM, dem nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur deutschen Beteiligung praktisch nichts mehr im Weg steht. Er soll mit bis zu 500 Mrd. Euro klamme Euro-Länder stützen können. Deutschland haftet mit bis zu 190 Mrd. Euro aus Steuergeldern für die ESM-Hilfen.

Auch Irland sammelte problemlos frisches Geld ein. Eine Auktion von Geldmarktpapieren mit dreimonatiger Laufzeit spülte 500 Mio. Euro in die Staatskasse. Der Zins fiel von 1,8 auf 0,7 Prozent. Anleger zeigten trotz der geringeren Rendite großes Interesse an den Papieren: Die Nachfrage übertraf das Angebot um das Dreifache. Irland war wegen der Schuldenkrise als erstes Land unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft und wagt nun schrittweise die Rückkehr an den Kapitalmarkt. "Die staatliche Finanzagentur ist auf dem Weg zu einer vollen Rückkehr an den Markt", sagte Anleihenhändler Ryan McGrath.

"Feuerkraft" schützt

Die EZB muss nach Ansicht ihres Ratsmitglieds Panicos Demetriades unter Umständen gar keine Staatsanleihen kaufen. "Niemand wird gegen die unbegrenzte Feuerkraft einer Zentralbank spekulieren", sagte Zyperns Zentralbankchef der Nachrichtenagentur Bloomberg. "So etwas stabilisiert Währungen von Ländern, bei denen Investoren das wissen. Es würde zum Beispiel auch keiner gegen die (US-Notenbank) Federal Reserve zocken."

Die EZB hatte vergangene Woche angekündigt, in unbegrenztem Umfang Staatsanleihen von hoch verschuldeten Euroländern zu kaufen, um letztlich deren Refinanzierungskosten zu senken. Zuvor müssen diese Staaten aber unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen und als Gegenleistung für Milliardenhilfen Reformauflagen akzeptieren.

Der italienische Arbeitgeberverband Confindustria rät der Regierung dazu, die Hilfen von EU und EZB anzunehmen. Im Gegenzug solle Italien verbindliche Reformen beschließen, die auch nach der Wahl im Frühjahr 2013 Bestand haben, sagte Confindustria-Chef Giorgio Squinzi. (APA, 13.9.2012)