Wien - Die Staatsanwaltschaft Wien hat nun im Fall Nicole Strau die Anklage gegen den mutmaßlichen Mädchenmörder eingebracht: Der 37 Jahre alte Michael P. soll am 22. Dezember 1990 das damals acht Jahre alte Mädchen in Wien-Favoriten mitgenommen, missbraucht und anschließend mit einem Ast erschlagen haben. Die Leiche wurde am nächsten Tag im Laaer Wald aufgefunden. Michael P. hat noch eine Woche Zeit, um gegen die Anklageschrift Einspruch zu erheben.

Der Fall sorgte vor allem deshalb für Schlagzeilen, weil er sich in zeitlichem Kontext mit zwei weiteren Mädchenmorden in Favoriten abspielte: Am 26. Oktober 1988 wurde die 20-jährige Alexandra Schriefl nach einem Disco-Besuch auf einem Grundstück in der Himberger Straße ermordet. Die zehn Jahre alte Christina Beranek wurde am 3. Februar 1989 in der Per Albin Hansson-Siedlung tot und an ein Stiegengeländer gefesselt aufgefunden. Beide Opfer waren sexuell missbraucht worden.

Zunächst ging die Exekutive von einem Serientäter aus. Dann stellte sich jedoch heraus, dass die Spermaspuren, die an der Leiche von Nicole Strau sicher gestellt wurden, nicht zum Fall Schriefl "passten". Mit Herbert P. wurde der Mörder der 20-jährigen Verkäuferin im Juni 2002 rechtskräftig zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der zuständige Staatsanwalt hält ihn auch für den Täter im Fall Beranek, doch konnte dafür nicht der entscheidende Sachbeweis erbracht werden, so dass dieses Faktum offiziell als ungeklärt gilt.

Michael P. zählte im Fall Strau von Anfang an zum Kreis der Verdächtigen. Er war ein guter Bekannter des Onkels und der Tante der Achtjährigen und kannte von da her das Mädchen, das sich regelmäßig bei der Tante aufhielt. Diese gab dem Verdächtigen zunächst jedoch ein falsches Alibi, so dass er zunächst unbehelligt blieb.

Mundhöhlenabstrich

Die mit dem Mordfall Strau betrauten Kriminalisten sowie Staatsanwältin Gabriele Mucha machten schließlich "Dampf": Es wurde eine Liste von 25 Verdächtigen erstellt, an denen ein Mundhöhlenabstrich vorgenommen werden sollte. Auch Michael P. wurde dabei berücksichtigt. Das Ergebnis: 22 Proben ergaben keine Übereinstimmung mit dem so genannten biologischen Fingerabdruck, den der Täter an der Leiche hinterlassen hatte. Zwei Verdächtige waren in der Zwischenzeit gestorben. Ein Proband hatte sich gegen die Maßnahme gesträubt - Michael P., der sich mit gutem Grund weigerte, wie sich zeigen sollte.

Darauf wurde ihm nämlich ein Bescheid zugestellt, in der die Speichelprobe formell angeordnet und eine zwangsweise Vornahme angedroht wurde. Not gedrungen musste sich der 37-Jährige fügen. Das Ergebnis, das später eine zweite Untersuchung bestätigte: Sein genetischer Fingerabdruck "passt" zu den Spermaspuren, die bei der Obduktion der Leiche im Mastdarm entdeckt wurden. Die Kriminalisten gingen Ende November 2001mit diesem Resultat in die Öffentlichkeit.

Seither hat Michael P. zu den Vorwürfen geschwiegen. Befragungen mit der U-Richterin sollen mehr oder weniger ergebnislos verlaufen sein. Michael P. sitzt derzeit eine Freiheitsstrafe wegen mehrerer Einbrüche in der Justizanstalt Stein ab. In der Vorwoche wurde ihm die Mädchenmord-Anklage bekannt gemacht, wofür man ihn sogar nach Wien überstellte. Noch ist nicht bekannt, wer den Prozess leiten und wann es einen Verhandlungstermin geben wird. (APA)