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Ein Trader an der Nasdaq freut sich über steigende Kurse

Foto: Reuters/Olson
Wien/Frankfurt - Erstmals seit dem zweiten Halbjahr 1999 wird an den wichtigsten internationalen Börseplätzen eine positive 6 Monats-Bilanz gezogen: Trotz dem Krieg allen geopolitischen und konjunkturellen Sorgen konnten sich im bisherigen Jahresverlauf die wichtigsten Indizes letztlich in der Gewinnzone behaupten. Dabei schien die Börsenampel zu Jahresbeginn keineswegs auf Grün zu stehen: Der Irak-Krieg zeichnete sich immer deutlicher ab und die Weltwirtschaft drohte auch 2003 zu straucheln. Dieses Stimmungstal im ersten Quartal wurde an den US-Börsen, Wegweiser der internationalen Aktienmärkte, aber nicht durch neue signifikante Tiefstände bestätigt - der Weg für Kursanstiege war frei.

In den Wintermonaten hatten noch Kriegsängste, Sorgen um die labile Verfassung der Weltkonjunktur - verstärkt durch einen vorübergehend stark gestiegen Ölpreis - und die vor allem in Asien grassierende Lungenkrankheit Sars auf die Kursniveaus gedrückt. Knapp vor Ausbruch des Irak-Kriegs drehte das Blatt: Der günstige Kriegsverlauf und die Veröffentlichung unerwartet guter US-Unternehmensgewinne im ersten Quartal legten den Grundstein für eine Aufholjagd auf den internationalen Börseparketts.

"Das beste zweite Quartal seit langem"

"Das war das beste zweite Quartal seit langem", so Chefanalystin Monika Rosen vom Asset Management der Bank Austria Creditanstalt. In den USA gewann der Dow Jones Industrial in den ersten sechs Monaten 7,8 Prozent und der marktbreite S&P-500 stieg um 11,0 Prozent.

Die Stimmung an den Aktienmärkten hat sich laut Rosen sich stark verbessert. Gleichzeitig verbesserten sich im zweiten Quartal auch die ökonomischen Vorlaufindikoren und nährten die Hoffnung der Anleger auf eine Wende der US-Konjunktur. "Die Aktien haben den Konjunkturaufschwung vorweggenommen", so Rosen. Nun müsse die gesamtwirtschaftliche Entwicklung die jüngsten Kurssteigerungen - und mögliche weitere Anstiege - erst rechtfertigen.

"Gewinne in Amerika"

"Die Gewinne in Amerika waren ein Faktor, der die Märkte getrieben hat", sagt Analyst Kurt Schappelwein von der Raiffeisen Zentralbank. Tatsächlich gelang es den US-Unternehmen im ersten Quartal 2003 die Gewinne bereits zum vierten Mal in Folge zu steigern. Schappelwein rechnet auch für das zweite Quartal mit zwischen 5 und 10 Prozent höhere Gewinne als ein Jahr zuvor. Allerdings führt er das Ertragswachstum hauptsächlich auf Kosteneinsparungen und die für US-Unternehmen günstige Dollarschwäche zurück. Für zusätzliche Gewinnsteigerungen müssten wohl auch die Umsätze der Unternehmen wieder deutlich anspringen.

In Europa überzeugte vor allem der deutsche Aktienmarkt mit deutlichen Kurszuwächsen. Laut Marktexperten ist das aber keineswegs auf die wirtschaftliche Verfassung Deutschlands, sondern auf die höhere Schwankungsfreudigkeit des DAX, der in der Vergangenheit auch die schwersten Verluste hatte hinnehmen müssen, zurückzuführen. Die größten Gewinne fuhren die Commerzbank (68 Prozent) und MLP (43 Prozent) ein. Die schwersten Verluste mussten Münchner Rück (21 Prozent) und TUI (19 Prozent) hinnehmen. Seit Jahresbeginn gewann der DAX bis Montagmittag 12,6 Prozent.

Der Eurostoxx-50 legte im selben Zeitraum bloß 3,1 Prozent zu. Am besten schlugen sich in Europa im ersten Halbjahr Telekomaktien, Banktitel und Technologiewerte. Hersteller defensiver Konsumgüter, Grundstofferzeuger und Nahrungsmittelaktien führen hingegen deutliche Verluste ein. Ebenfalls mit 5,8 Prozent nur ein knappes im Plus erzielte der japanische Aktienmarkt. Asien war am schwersten von Sars betroffen, wo die Seuche das Wirtschaftsleben im ersten Halbjahr deutlich beeinträchtigte.

ATX mit Halbjahresplus von 14 Prozent

Wiens Börsenbilanz für die erste Jahreshälfte fällt klar positiv aus. Trotz anhaltender Stimmungsflaute in der Wirtschaft, Irak-Krieg und Sars schaffte der ATX bis Ende Juni ein zweistelliges Kursplus. Gegenüber dem Schlussstand des Vorjahres legte der Index der 21 wichtigsten heimischen Aktien um knapp 14 Prozent auf 1.310,39 Punkte (14.30 Uhr MESZ) zu. Damit erwies sich Wien als eine der besten westlichen Börsen im Halbjahr.

Triebfeder waren vor allem eine Reihe von Übernahme-Stories sowie Privatisierungsfantasie. "Das war das große Thema für die Wiener Börse", resümiert Alfred Reisenberger, Chefanalyst der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA). Daneben hätten auch die Ostfantasie und eine damit einhergehende solide Gewinnentwicklung der ATX-Unternehmen den Leitindex beflügelt.

Zum Jahresende 2003 rechnet Reisenberger - nach einer ruhigeren Phase im dritten und steigenden Kursen im vierten Quartal - mit einem ATX-Stand von 1.400 Punkten. Auch Günther Artner, Börsenexperte der "Ersten", sieht weiteres, im Vergleich aber geringeres Aufwärtspotenzial in den nächsten Monaten. Artner geht von einem Jahresendstand von 1.380 ATX-Zählern aus.(APA)