Frankfurt/Main - In der Kokain-Affäre um den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland und TV-Moderator Michel Friedman haben führende Vertreter jüdischer Organisationen die deutschen Medien scharf attackiert. Die Vizepräsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, sprach in einem ARD-Interview ("Report Mainz", Sendetermin Montag 21.00 Uhr) von "Rufmord". Der Generalsekretär des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), Serge Cwajgenbaum, äußerte sich "beschämt über die einseitige Medienkampagne" in Deutschland, in der er antisemitische Motive vermutet. Friedman ist Präsident des EJC. Die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert wies ihrerseits Angriffe auf die Justiz scharf zurück und schloss Strafanzeigen wegen Beleidigung nicht aus.

Man habe Friedman "in einer Vorverurteilung buchstäblich hingerichtet", kritisierte Knobloch und fügte hinzu: "In dieser Art und Weise ist ein absoluter Rufmord geschehen". Sie sprach von einem "Angriff nicht nur auf Friedman, sondern auch auf die Juden in der Bundesrepublik Deutschland". Cwajgenbaum sagte im ARD-Interview: "Wenn die Presse Menschen so angreift und so einseitig und aggressiv ist, kann sie Menschen sogar umbringen". Er zeigte sich verwundert darüber, dass im Zusammenhang mit den Berliner Ermittlungen bisher nur Friedmans Name bekannt wurde: "Das löst bei mir die große Sorge aus, ob Antisemitismus nicht länger ein Tabu in Deutschland und Europa ist".

Justizsenatorin Schubert sagte dem Münchner Nachrichtenmagazin "Focus", sie stehe hinter der Öffentlichkeitsarbeit der Justiz im Ermittlungsverfahren gegen Friedman. Nach Angaben der SPD-Politikerin erwägt die Berliner Staatsanwaltschaft Strafanzeigen wegen Beleidigung gegen den "Zeit"-Herausgeber und Ex-Kultur-Staatsminister Michael Naumann und den Berliner Filmproduzenten Artur Brauner. Die Behauptung Naumanns in einer Fernsehdiskussion, die Ermittlungen gegen Friedman seien das Werk eines "durchgeknallten Staatsanwalts" seien "gelinde gesagt ziemlich kühn". Den Vorwurf Brauners, im Fall Friedman agierten "braun gefärbte Juristen", nannte die Senatorin eine "ungeheuerliche Behauptung". Die Maßnahmen gegen Friedman seien selbstverständlich angemessen gewesen. (APA/AP/dpa)