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Benjamin Netanjahu kommt Barack Obama (im Bild bei einem Treffen vor einem Jahr) im Wahlkampf äußerst ungelegen - und Mitt Romney versucht dies auszunützen.

Foto: Reuters/Lamarque

Israels Premier Benjamin Netanjahu sähe ohnehin den Republikaner lieber im Weißen Haus als Obama.

 

Jetzt kramen sie in den Biografien: Benjamin Netanjahu und Mitt Romney haben einst in derselben Firma gearbeitet: 1976 kreuzten sich ihre Wege, als sie Berater der Boston Consulting Group (BCG) waren, und seitdem verbindet sie eine enge Freundschaft. Es ist kein Geheimnis, dass der konservative Israeli lieber den Republikaner im Oval Office sähe als Barack Obama. Kritisiert er ihn deshalb so scharf? Wirft er ihm deshalb im Streit um Irans Atomprogramm riskantes Zögern vor?

Kommentatoren in Washington sprechen bereits von einem Tiefpunkt im ohnehin delikaten bilateralen Verhältnis - und Obama will auch nicht mit Netanjahu bei der UN-Vollversammlung in New York zusammentreffen. Erst am Wochenende hatte Außenministerin Hillary Clinton erklärt, die USA würden in Sachen iranische Urananreicherung keine Fristen setzen, die - falls nicht eingehalten - eine Militäraktion zur Folge hätten.

Netanjahu reagierte sehr polemisch, wie es unter Verbündeten eigentlich völlig unüblich ist: "Wer sich weigert, dem Iran rote Linien vorzugeben, hat kein moralisches Recht, Israel eine rote Ampel hinzustellen."

Schließlich legte ein prominenter Parteifreund Romneys nach: Lindsay Graham, neben John McCain der führende Sicherheitspolitiker unter den republikanischen Senatoren, will Unterschriften sammeln, um Obama aufzufordern, den Atompoker exakt zu definieren.

Letzteres hat die Administration bisher tunlichst vermieden. Geduldig setzt man auf harte Sanktionen, bewusst lässt Obama offen, wie weit das iranische Atomprogramm fortgeschritten sein muss, ehe man eine Attacke erwägt. Es soll Spielraum für die Diplomatie erhalten bleiben.

USA beschwören Kooperation

Zugleich legt das Weiße Haus gesteigerten Wert auf die Feststellung, dass die USA und Israel rüstungstechnisch und geheimdienstlich enger kooperieren als je zuvor. Als herausragendes Beispiel gilt die verdeckte Operation "Olympische Spiele", deren Ziel es ist, die iranische Urananreicherung durch Cyberattacken zumindest aufzuhalten - wenn nicht gar zurückzuwerfen.

Doch weil ein Präsident, der durch den Wahlkampf hetzt, nicht gleichzeitig ein ausgeruhter Krisenmanager sein kann, versucht Obama, das Thema Iran aus dem Wahlkampf herauszuhalten, soweit es irgendwie geht.

Folgt man amerikanischen Presseberichten, sollte Netanjahu versprechen, zumindest bis zum Urnengang am 6. November nicht auf eigene Faust loszuschlagen. Falls es stillschweigende Abmachungen gab, rüttelt Netanjahus polemischer Vorstoß nun daran? Oder hat es nie einen geheimen Konsens gegeben?

Romney jedenfalls zierte sich nicht lange, die Steilvorlage seines Freundes anzunehmen. Dass Teheran vorankomme bei seinen Atomplänen, bezeichnet er als größtes außenpolitisches Versagen seines Rivalen: "Der Präsident hat uns kein Stück weggebracht von einem nuklearen Iran." (Frank Herrmann aus Washington /DER STANDARD, 13.9.2012)