"Deine Aufgaben warten darauf, erledigt zu werden!" - Nein, es ist nicht die mahnende Stimme der Mutter, die zum Lernen bewegen will, sondern ein schwarzer Schriftzug auf dem Display des Smartphones. Immer mehr Jugendliche in Österreich besitzen ein solches Handy, die Nachfrage nach den dazugehörigen Applications steigt rasant.

Die Zahl der Angebote ist unüberschaubar, auch die Anzahl der Downloads sogenannter Lern-Apps - kleiner Programme, die Schülern den Schulalltag erleichtern sollen. Es stellt sich die Frage, wie sinnvoll und nützlich sie tatsächlich sind. Können virtuelles Wörterbuch, Vokabelliste und Co mit den papierenen Exemplaren mithalten?

Überall nutzbar

Der entscheidende Vorteil der Apps liegt darin, dass man sie überall nutzen und somit auch lästige Wartezeiten sinnvoll überbrücken kann. Es lässt sich leicht zwischendurch lernen, während die Schulunterlagen unterwegs meist nicht greifbar sind. Da durch die Mengen an Apps fast alle Themenbereiche abgedeckt sind, wird das Angebot den verschiedensten Interessen gerecht.

Für einen besseren Überblick über den Schulalltag gibt es einen Zeit- und Aufgabenplaner, an Naturwissenschaft Interessierte können sich über umfangreiche Formelsammlungen, Periodensysteme mit Zusatzinformationen und zahlreiche interessante Fakten freuen, für Sprachbegeisterte gibt es Vokabel- oder Grammatik-Trainings.

So praktisch es ist, die Schulbücher - und zwar alle - in der Hosentasche immer mit dabei zu haben, so leicht kommt man auch in Versuchung, zu denken, einmal 30 Minuten Vokabeltrainer reichten als Vorbereitung für die nächste Schularbeit völlig aus.

Anfangs sind diese Programme vermutlich für jeden sehr interessant, das Lernen erfolgt spielerisch. Mit der Zeit lässt die Begeisterung jedoch oft nach.

Seriöse Informationen?

Im Gegensatz zu Schulbüchern werden Apps nicht auf ihre Richtigkeit überprüft, jeder kann selber eine programmieren und öffentlich als unverzichtbare Lernhilfe anpreisen. Die Schüler müssen dann selber zwischen seriösen und unseriösen Quellen unterscheiden.

Und der stetige Blick auf das kleine Display ist ziemlich ermüdend. Fraglich ist auch, wie konzentriert man am Handy arbeitet, wenn ständig Ablenkungen in Form von anderen Programmen vorhanden ist. Reicht die Motivation, um nicht nebenbei im Internet zu surfen oder nur mal ganz kurz die neuesten SMS zu lesen?

Außerdem gehen herausgeschriebene Fakten um einiges leichter ins Gedächtnis als lediglich gelesene oder am Smartphone getippte. Richtig verwendet bringen die Apps viel, wobei durch die riesigen Informationsmengen die Gefahr besteht, das wirklich Wesentliche zu übersehen. Das ist ein bedeutender Nachteil gegenüber den an das jeweilige Leistungsniveau angepassten Schulunterlagen. Fazit: Lern-Apps sind eine nützliche Ergänzung zu herkömmlichen Lernmitteln und eine gute Möglichkeit zur Überprüfung des Gelernten, Schulbücher ersetzen sie aber (noch?) nicht. (Jonas Divjak/Christina Trubel/Ines Wittek, DER STANDARD, 12.9.2012)