Mit aufwendigen Computerprogrammen versuchen Wissenschafter heute, Materialeigenschaften auf die Spur zu kommen. Dazu muss man das komplizierte, quantenmechanische Zusammenspiel der Elektronen verstehen, das für viele überraschende Effekte verantwortlich ist. Genau dieses Ziel verfolgt der theoretische Physiker Karsten Held vom Institut für Festkörperphysik der Technischen Universität (TU) Wien, der nun mit einem mit rund 1,5 Mio. Euro dotierten "Starting Grant", einem Wissenschaftsförderpreis des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC), ausgezeichnet wurde.
Wasserstoffatom
Das erste Objekt, das Wissenschafter quantenmechanisch beschreiben konnten, war das Wasserstoffatom - ein besonders einfaches System mit nur einem Elektron. Jedes zusätzliche Teilchen, das in Modellrechnungen berücksichtigt werden muss, macht diese viel komplizierter. Dennoch gibt es heute schon verschiedene Methoden, das Zusammenspiel einer Vielzahl von Teilchen zu beschreiben.
Dies wird vor allem in der Materialwissenschaft gebraucht, da sich Eigenschaften neuer Materialien nur ergründen lassen, wenn man das quantenphysikalische Verhalten der Elektronen am Computer simuliert. Als Beispiele nennt Held in einer Aussendung der Uni Supraleitung bei hohen Temperaturen oder das Verhalten von Elektronen in Nanostrukturen.
"Dynamical Mean Field Theory"
Für die quantenmechanische Beschreibung von Festkörpern gab es in den vergangenen Jahren viele Weiterentwicklungen, eine davon nennt sich "Dynamical Mean Field Theory", mit der sich Quanten-Korrelationen zwischen Elektronen beschreiben lassen, die am selben Gitterpunkt eines Kristalls sitzen. Held gilt als einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Allerdings stehen auch weiter voneinander entfernte Elektronen quantenphysikalisch in Verbindung. Held und sein Team arbeiten hier mit einer neuen Methode, der sogenannten "Ab Initio Dynamical Vertex Approximation". Sie wollen in dem fünfjährigen ERC-Projekt diese Methode weiterentwickeln, um physikalische Fragestellungen besser zu verstehen und auch konkret Materialien berechnen zu können.
Eine wichtige Rolle wird dabei auch die Computer-Infrastruktur spielen: Die notwendigen aufwendigen Rechnungen benötigen sehr hohe Computerleistung, die der Wiener Supercomputer Vienna Scientific Cluster (VSC) liefern wird. (APA, 12.09. 2012)