"Tiefpunkt politischer Kultur, der sich allgemeine und entschiedene Verachtung verdient."

Es ist kein Fall erinnerlich, wo Bundespräsident Heinz Fischer derartig hart und unzweideutig eine politische Aktion - und implizit auch eine politische Partei und ihren Obmann - verurteilt hat. "Verdient Verachtung": Das wird Heinz-Christian Strache jetzt die nächste Zeit als "testimonial" des Staatsoberhaupts mit sich herumtragen.

Denn Fischer hat selbstverständlich Strache gemeint, der auf seiner Facebook-Seite zu einer antisemitischen Karikatur verlinkt hatte. Das sei "eine feige Spekulation mit Überresten des Antisemitismus". Da müsse man "mit aller Deutlichkeit sagen: ‚So nicht‘." Das hat man so von keinem Bundespräsidenten über eine Parlamentspartei gehört. Die FPÖ veranstaltet das übliche Geschrei. Aber selbstverständlich ist die Karikatur in der ursprünglich erschienenen Form antisemitisch.

Den Bundespräsidenten hat offenbar die praktisch nichtexistente Reaktion der Spitzenpolitik zu seiner Intervention veranlasst. Tatsächlich flüchtete sich Spindelegger, der noch immer die FPÖ als Koalitionspartner nicht ausschließen will, in die öde Formel, er könne ja nicht alles kommentieren. Aber auch von Kanzler Faymann kam nichts, was man als "so nicht!" interpretieren könnte. Dass erst der Bundespräsident die richtigen harten Worte finden muss, ist auch wieder ein Kommentar zu unserer politischen Kultur. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 11.9.2012)