Bild nicht mehr verfügbar.

Marcel Koller: "Das Ziel, wo wir hinkommen wollen, ist im Kopf drinnen. Das werden wir konsequent weiterfolgen."

Foto: APA

Bild nicht mehr verfügbar.

Joachim Löw: "Österreich ist einfach auch besser geworden." Aber: "Warum sollten wir Angst haben?"

Foto: APA

Wien - Natürlich wäre es toll, bei der Rückkehr nach Deutschland einmal die Deutschen "auf die Schaufel nehmen" zu können, sagte Kapitän Christian Fuchs bei der Pressekonferenz vor dem Auftaktspiel des ÖFB-Teams zur WM-Qualifikation. Aber so realistisch sei man schon, zu wissen, dass Deutschland am Weg nach Brasilien wohl nicht der direkte Gegner sei. Eine Niederlage wäre bei allen Plänen, den Gegner zu "ärgern", kein Beinbruch. Deutschland sei immerhin die Nummer zwei der Welt, erinnerte Teamchef Marcel Koller.

Das Deutschland-Match im Ernst Happel-Stadion am Dienstag ist die Kür vor der Pflicht für den ÖFB, der trotz schwieriger Qualifikationsgruppe zur WM 2014 möchte. Sowohl Teamchef als auch Kapitän versuchten am Montag die Balance aus Vorfreude und Realismus, aus Selbstvertrauen und Demut vor dem mächtigen Gegner zu finden. "Wir dürfen uns nicht zu klein machen", sagte Fuchs, während Koller die eigenen Stärken nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten wollte.

Der Teamgeist und die Laufbereitschaft seien sicher gut. Dass man sich gegenseitig Fehler ausbessere, erachtet er als wichtig, weil man "noch nicht absolute Toppklasse" sei. Es sei ein wichtiges Spiel. Aber selbst wenn man punkte, könne er sich hinterher nicht wochenlang feiern lassen, "sonst werden wir gegen Kasachstan Probleme kriegen".

Deutschland darf als Favorit gelten

Dass das österreichische Team, das 2012 immer noch ungeschlagen ist, hoch motiviert sein wird, davon kann man ausgehen. "Dieses Spiel ist besonders für uns Österreicher etwas Besonderes", sagte Fuchs, aber "die Mannschaft bleibt sehr nüchtern und am Boden. Wir kennen die Kräfteverhältnisse." Buchmacher beziffern die Chancen mit eins zu sieben oder schlechter.

Koller ist zwar noch nicht lange in Österreich, weiß aber um die nationale Bedeutung des Duells mit dem Nachbarn Bescheid. Dieser andererseits hat noch nie ein WM-Qualifikations-Auswärtsspiel verloren. Allein das rückt die Erwartungen dorthin, wo sie hingehören. Koller hofft auch auf das Publikum: "Jeder Österreicher wird sich heiser schreien."

DFB und ÖFB noch nicht am Ende

Er, der bisher als Trainer noch nicht gegen sein Dienstags-Gegenüber Joachim Löw angetreten ist, identifizierte die jüngste Kritik an Löw in Deutschland als eine auf doch eher hohem Niveau. In einem EM-Halbfinale dürfe man ruhig ausscheiden. Dieses junge deutsche Team werde daran wachsen und sicher noch Titel gewinnen.

Sein eigenes Ziel hat das ÖFB-Team nach gerade einmal zehn Monaten unter Koller trotz aller sichtbaren Fortschritte natürlich auch noch nicht erreicht. "Da ist sicher etwas vorhanden, das man in den nächsten Jahren hochziehen kann", erinnert der Schweizer an das langfristige Projekt. Eine Niederlage am Dienstag dürfe nicht dazu führen, "alles wegzuwerfen". Auch der eine oder andere Rückschlag werde in Zukunft sicher kommen, man müsse an der Philosophie auch dann festhalten. Ob er lieber schön verlieren oder schwach punkten würde? "Es geht jetzt um die WM-Qualifikation, da ist jeder Punkt wichtig." Man werde sicher nicht zehn Spiele "über unserem Niveau" und "supergut" spielen können. "Wenn wir da trotzdem punkten, ist das wichtig."

Kollers Österreich erarbeitet sich Respekt

Diesmal ist im Vorfeld aus Deutschland mehr Respekt vor dem ÖFB-Team zu spüren. "Das sind ja alles Fachleute, die haben gesehen, dass wir uns entwickelt haben und gute Ergebnisse erzielt haben", analysierte Koller. Das sieht auch sein Kapitän. "Aber wie ich unsere deutschen Freunde kenne, gehen sie von einem Sieg aus", ergänzte Fuchs. Der Schalke-Legionär habe derzeit zwar Kontakt zu deutschen Teamkollegen, aber das sei nur Smalltalk.

Koller bedauerte im Scherz, dass Löw ihm seinen Plan für Dienstag noch nicht mitgeteilt habe. "Deutschland wird sicher nicht defensiv spielen", daran ändere auch ein zweiter Sechser nichts, auf den der DFB im Spiel gegen die Färöer noch verzichtet hatte. "Ich muss mein Team darauf vorbereiten, dass es so oder so sein könnte." Das zuletzt gegen die Türkei phasenweise gezeigte Pressing "kann man nie 90 Minuten machen", sondern in "Situationen und Abschnitten, die man ausnützen muss. Das habe ich mit dem Team schon besprochen, das entwickelt sich dann im Spiel, darauf muss man reagieren."

Löw kennt keine zwei Sechser, Schmelzer fit

Jogi Löw hat seinerseits bei einer Pressekonferenz beteuert, dass sein Team nie mit zwei Sechsern, sondern mit "drei zentralen Mittelfeldspielern" auflaufe - besonders wenn man den Ball habe. Diese hätten offensive und defensive Aufgaben zu verrichten. "Unsere grundsätzliche Ausrichtung ist, nach vorne möglichst vertikal zu spielen", das gelte unabhängig von der personellen Besetzung immer. Die zuletzt kritisierte Chancenauswertung müsse sein Team verbessern, aber man sei in den letzten Jahren doch immer wieder die Mannschaft gewesen, die "mit die meisten Tore geschossen" habe.

Die Aufstellung dürfte übrigens Marcel Schmelzer von Borussia Dortmund beinhalten. Er hat zuletzt voll mittrainiert. "Ich gehe davon aus, dass er einsatzfähig ist." Anstelle des offensiven BVB-Spielers Mario Götze dürfte der etwas defensivere Münchner Toni Kroos beginnen.

Der DFB-Coach erwartet unglaublich positive Stimmung im Stadion, die das ÖFB-Team wohl beflügeln werde. Er rechnet mit einem "Abnützungskampf". Österreich sei "ganz einfach auch besser geworden". Neben dem Engagement von Marcel Koller, dem Zuwachs an vielen Legionären, die bei ihren Vereinen auch "Leistungsträger" seien, habe da auch eine bessere Nachwuchsausbildung mit einigen Erfolgen eine Rolle gespielt. Angesprochen auf einige Boulevard-Artikel erwiderte er aber: "Angst haben wir keine, warum sollten wir die haben? Wir nehmen jeden Gegner ernst. Auf dem Papier sind wir natürlich der Favorit, aber das zählt heute einfach nicht mehr so." Österreich habe in der Gruppe "alle Chancen".

Staus befürchtet

Das Stadion wird allen Regeln der Logik zufolge voll sein. Der ÖAMTC befürchtet deshalb Staus bei der Anreise und rät zur Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Durchfahrt durch die Stadionallee wird ab etwa 17.30 Uhr gesperrt. Somit ist die Zufahrt zum Stadion von der Stadionbrücke/Schüttelstraße kommend über die Stadionallee nicht möglich. Darüber hinaus wird ab 17.30 Uhr die Meiereistraße ab der Vorgartenstraße Richtung Stadion gesperrt. Die Öffi-Benützung ist auch aus einem anderen Grund anzuraten: In weiten Teilen der Leopoldstadt gilt wochentags die Kurzparkzone von 9 bis 22 Uhr. (red, derStandard.at, 10.9.2012)

Fußball-WM-Qualifikation (Gruppe C):

Österreich - Deutschland

Dienstag, 20.30 Uhr/live ORF eins, Wien, Ernst-Happel-Stadion/ausverkauft, SR Björn Kuipers/NED.

Mögliche Aufstellungen

Österreich: Almer (Fortuna Düsseldorf/3 Länderspiele/3 Gegentore) - Garics (Bologna/27/1 Tor), Prödl (Werder Bremen/34/3), Pogatetz (Wolfsburg/48/2), Fuchs (Schalke/48/1) - Baumgartlinger (Mainz/22/0), Kavlak (Besiktas/18/1) - Arnautovic (Werder Bremen/19/7), Junuzovic (Werder Bremen/20/2), Ivanschitz (Mainz/56/10) - Harnik (Stuttgart/30/8)

Ersatz: Gratzei (Sturm Graz/10/-21), Lindner (Austria/1/-2) - Dragovic (Basel/16/0), Klein (Salzburg/11/0), Schiemer (Salzburg/23/4), Suttner (Austria/4/0), Burgstaller (Rapid/4/0), Jantscher (Dynamo Moskau/10/1), Leitgeb (Salzburg/28/0), Pehlivan (Gaziantepspor/17/0), Bürger (Mattersburg/2/0), Janko (Trabzonspor/27/11)

Es fehlt: Alaba (rekonvaleszent nach Ermüdungsbruch)

Deutschland: Neuer (Bayern) - Lahm (Bayern), Hummels (Dortmund), Badstuber (Bayern), Schmelzer (Dortmund) - Khedira (Real Madrid), Kroos (Bayern) - Müller (Bayern), Özil (Real Madrid), Reus (Dortmund) - Klose (Lazio Rom)

Ersatz: Zieler (Hannover), ter Stegen (Mönchengladbach) - Boateng (Bayern), Höwedes (Schalke), Mertesacker (Arsenal), L. Bender (Leverkusen), Schürrle (Leverkusen), Draxler (Schalke), Götze (Dortmund), Gündogan (Dortmund), Podolski (Arsenal)

Es fehlen: Gomez (rekonvaleszent), Schweinsteiger (nicht einberufen), S. Bender (verletzt)