Hadersdorf am Kamp stand am Wochenende kulinarisch "unter Feuer", denn Herr Brenner alias Stefan Grossauer lud im "Esslokal" zum zweiten Chili-Festival

Weltweit existieren etwa 2.500 Chilisorten. Ihre Namen klingen meist exotisch und mitunter auch furchteinflößend: Big Bomb Hybrid, Jamaican Hot Chocolate, Bhut Jolokia, Hungarian Wax oder Trinidad Scorpion Butch Taylor - um nur einige zu erwähnen.

Foto: derstandard.at

Zu den Urformen der Chilis zählt das "Birds Eye" mit seinen nach oben stehenden, dünnschaligen Früchten, die an Schärfe nichts zu wünschen übrig lassen. Die Pflanzen erreichen lediglich eine Höhe von 30 bis 40 Zentimetern und eignen sich daher auch ideal für die Fensterbank. Ihren Namen bekam die "kleinwüchsige" Sorte, weil sie auch von Vögeln gerne verzehrt wird, die den Samen wiederum mit ihrem Kot ausscheiden und so zur Verbreitung der Pflanze beitragen. Da Vögel - im Gegensatz zum Menschen - keine Schleimhäute besitzen, kann ihnen die Schärfe nichts anhaben.

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Reif ist der Chili - ähnlich wie Paprika -, wenn er zumindest einmal die Farbe gewechselt hat. Manche Arten ändern während des Reifungsprozesses auch mehrmals ihr Erscheinungsbild, etwa die Sorte "Twilight", die zuerst violett, dann gelb beziehungsweise orange und im vollreifen Zustand schließlich rot leuchtet. Erst dann hat die Frucht ihr komplettes Aroma und ihre volle Schärfe entwickelt.

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Sollte der Biss in eine Schote zu unerwünschten Schweißausbrüchen oder tauben Geschmacksknospen führen, eignen sich Schokolade, frisch gepresster Limetten- oder Zitronensaft, Joghurt und Milch zum Neutralisieren. Eine Methode, ...

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... die auch beim Chili-Festival gerne in Anspruch genommen wurde.

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Die Bio-Bäuerin Monika Stockenhuber entdeckte vor zehn Jahren ihre Liebe zu den Chilipflanzen. "Es war nicht unbedingt die Schärfe, die mich gereizt hat, sondern viel mehr ihre Schönheit", erzählt die passionierte Landwirtin. Seit 2010 baut sie über 150 Sorten in der ehemaligen Stiftsgärtnerei in Engelhartszell an, die sie gemeinsam mit ihrem Mann betreibt.

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"Chilis lieben 'warme Füße'", erzählt Monika Stockenhuber. Je wärmer es im Wurzelbereich ist, desto aktiver ist die Pflanze und umso mehr Früchte trägt sie. Kein Problem ist es, die Pflanzen auf dem Balkon oder im Garten zu "ziehen". "Über den Winter müssen die mehrjährigen Pflanzen an einem kühlen, frostfreien Ort stehen, um sie ab Februar auf die Fensterbank zu 'übersiedeln'", erläutert die Chili-Expertin. Ab etwa Mitte Mai sollten sie schließlich umgetopft und ins Freie gestellt werden, wobei zwischen drei und zehn Liter Topferde - je nach Größe der Pflanze - vollkommen ausreichend sind.

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Auch des Burgendlands jüngster Chili-Bauer Jan Tschida war am Wochenende im Hadersdorfer "Esslokal" vertreten. Der 21-jährige Maschinenbaustudent aus Illmitz hat sein Hobby zur Profession gemacht. In seiner Schulzeit begann er seine ersten Chilis zu züchten, mittlerweile wachsen rund 1.100 Pflanzen in seinem 350 Quadratmeter großen "Folientunnel". Die frisch geernteten Früchte verarbeitet er zu Saucen, Pasten und Salzmischungen, wobei die Palette von mild bis ...

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... höllisch scharf reicht.

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Organisator Stefan Grossauer sieht Chilis nicht nur als "Machothema". Für ihn teilen sich die Liebhaber in zwei Fraktionen: "Es gibt zunächst einmal die Gruppe 'Immer ärger, immer schärfer', die besonders mit Chili-Extrakten die Grenzen der körperlichen Verträglichkeit austestet. Das ist aber nicht unsere Welt", gibt der Jungunternehmer unumwunden zu.

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Mit seinen "sortenreinen" Chili-Produkten aus biologischem Anbau möchte er in erster Linie die zweite Gruppe ansprechen, für die der Geschmack und die natürliche Schärfe der Früchte im Vordergrund stehen.

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"Frauen vertragen außerdem die Schärfe besser als Männer", ist Grossauer überzeugt. "Noch dazu haben sie raffiniertere Ideen, wie Chilis mit anderen Zutaten kombiniert werden können." Wo sich seiner Meinung nach Männer stärker und leidenschaftlicher engagieren, ist hingegen der Anbau und die Aufzucht der Pflanzen. 

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Zum Abschluss des "heißen Kulinariums" boten die Experten noch anregende und hilfreiche Tipps zum Anbau und zur Züchtung sowie Wirkung der Chili-Früchte. Neben "Herrn Brenner" referierten noch der Mostviertler Richard Fohringer, Monika Stockenhuber und "Chili-Fantast" Gebhard Kofler von der Arche Noah über die eigentümliche Welt der "Scharfmacher".

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Video: Vortrag von Gebhard Kofler (Arche Noah) beim Chili-Festival

Nächstes Jahr soll es wieder ein Chili-Festival in Hadersdorf am Kamp geben. Zumindest wünscht sich "Herr Brenner" das. (gueb, derStandard.at, 10.9.2012)

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