Paris - Hermès, weltbekannt für Seidentücher, Handtaschen und Accessoires, schlägt zurück. Das Pariser Unternehmen bestätigte, Klage gegen den Luxuskonzern LVMH (Louis-Vuitton-Taschen, Dior-Mode, Guerlain-Parfums, Chaumet-Uhren und Moët-Champagner) eingereicht zu haben.
Der Grund: LVMH-Eigner Bernard Arnault kaufte seit 2010 gut 22 Prozent des florierenden Familienbetriebs auf; Hermès schützte sich vor einer totalen Übernahme mit der Gründung einer Familienholding, die 50,2 Prozent der Stimmrechte hält; ihre Mitglieder dürfen die Anteile binnen zwanzig Jahren nicht verkaufen. Arnault, der in der Branche den Ruf eines Nimmersatt genießt, musste darauf wohl oder übel erklären, sein Vorgehen sei "sehr friedlich".
Hermès wirft ihm in der Klage vor, die Börsenkurse manipuliert zu haben, mit Insiderwissen an die Aktien gelangt zu sein. Für einen Financier wie Arnault sind das harte Vorwürfe. Er gibt nun seine stilvolle Diskretion auf und reichte Gegenklage wegen Verleumdung, sogar Erpressung ein. In einem geharnischten Kommuniqué erklärte er, mit dem Aufkauf sogenannter Equity-Swaps habe er alle Reglemente eingehalten; Hermès hintertreibe hingegen die Untersuchung der Börsenaufsicht AMF.
Es geht um viel Geld
Im "Handtaschenkrieg" geht es um viel Geld - aber nicht nur. Die involvierten Konzerne sind echte Cash-Maschinen: LVMH steigerte seinen Umsatz 2011 um 16 Prozent auf 23,7 Milliarden Euro und den operativen Gewinn um 22 Prozent auf 5,3 Mrd. Euro; Hermès, zehn mal kleiner, erhöhte seinen operativen Gewinn im ersten Halbjahr 2012 um 22 Prozent auf 510 Millionen Euro. Der Aktienkurs stieg mitten in der Wirtschaftskrise um 50 Prozent.
Für Arnault war der Einstieg ins Hermès-Kapital also jedenfalls ein profitables Geschäft. Langfristig könnte er sich an dem Raid aber die Zähne ausbeißen. Denn sein Image nimmt Schaden; das US-Magazin Newsweek nennt LVMH "das böse Imperium". Wohl auch deshalb reicht Hermès Klage ein: Arnault soll über seine Reputation zum Verkauf gezwungen werden. Der denkt freilich nicht daran.
Die Fehde geht aber noch tiefer. Die Hermès-Familie, die ihre Lederprodukte von Hand nähen lässt, erachtet die Koffer und Taschen von Louis Vuitton - die mehrere hundert Euro kosten - quasi als Billigware. Und Arnault als Parvenu. Er ist zwar mit 30 Milliarden Dollar der reichste Franzose, im Tout-Paris als Eindringling aber höchst unbeliebt. Noch treibt das Duell die Aktienkurse hoch. Langfristig aber werden wohl beide Seiten Federn lassen. (Stefan Brändler, DER STANDARD; 8./9.9.2012)