Christoph Baumgarten kämpft gegen Kirchenprivilegien.

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Wien - Goldene Altäre, prächtige Klöster, pompöse (Gottes-)Häuser, seidene Gewänder - auf den ersten Blick scheint die römisch-katholische Kirche Österreichs dem Prunk und Protz nicht abgeneigt. Doch geht es um eine genaue Vermögensbilanz, reagiert die klerikale Seite schnell verschlossen. Detaillierte Zahlen sind schwer bis gar nicht erhältlich.

Journalist Christoph Baumgarten und der deutsche Kirchenkritiker Carsten Frerk, der Ähnliches schon für Deutschland erarbeitet hat, haben sich dennoch auf Spurensuche begeben, Grundbücher ausgehoben und unzählige Förderansuchen durchforstet.

"Systematische Unterstützung durch Staat"

Gesucht wurde vor allem nach jenen Geldern, die der Staat der katholischen (und auch der evangelischen) Kirche zuschießt. Das Ergebnis verwundert durchaus: "Wir reden nicht von einer fallweisen Unterstützung, sondern davon, dass diese systematisch erfolgt - und dass ein Großteil des kirchlichen Apparates nur mit Steuergeld aufrechterhalten werden kann", sagt Baumgarten im STANDARD-Gespräch.

In Zahlen gegossen sieht das laut Buchautoren nämlich folgendermaßen aus: "Man kommt auf einen staatlichen Finanzierungsaufwand kirchlicher Einrichtungen von insgesamt jährlich rund 3,8 Milliarden Euro." 2,4 Milliarden würden demnach in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen fließen, rund 1,4 Milliarden mehr oder weniger in den Bildungsbereich. Frerk und Baumgarten folgern daraus, dass "nur 13 Prozent der gesamten katholischen und evangelischen Infrastruktur von den Kirchen selbst finanziert werden". Für den großen Rest stehe der Staat gerade - "ein Missverhältnis, das thematisiert werden muss", sagt Baumgarten, der sich auch für das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien einsetzt.

Argument Denkmalpflege

Ein Dorn im Auge ist Baumgarten neben dem Religionsunterricht, den er am liebsten ersatzlos streichen würde ("Wenn es einen Religionsunterricht gibt, dann auf eigene Kosten in den eigenen Gebäuden"), vor allem das gern gebrauchte "Finanzierungsargument" Denkmalpflege. Demnach müssten rund 70 Prozent der Kulturgüter von der Kirche erhalten werden. Baumgarten: "Das stimmt nicht. Laut Zahlen der Statistik Austria ist nur ein relativ geringer Anteil an denkmalgeschützten Gebäuden in Österreich im Eigentum einer Religionsgemeinschaft."

Und nicht einmal Caritas und Diakonie kommen im Buch gut weg. Baumgarten stört, dass die Kirche mit ihnen wirbt, der Staat aber mehrheitlich zahlen darf.

Kirche spricht von "Fantasiezahl"

Die 3,8 Milliarden Euro Staatsfinanzierung sind für Paul Wuthe, Leiter des Medienreferates der Bischofskonferenz, eine "Fantasiezahl". Die Kirche finanziere sich selbst. Wuthe: "Das Diözesanbudget für alle neun Diözesen liegt bei gesamt 500 Millionen Euro pro Jahr. 2010 lukrierten alle Diözesen über den Kirchenbeitrag rund 393 Millionen Millionen Euro." Und hinter den angeblichen Subventionen würden "immer kirchliche Leistungen für die Allgemeinheit stehen".

Das Gesamtvermögen der Kirche zu beziffern sei aber nicht möglich. Wuthe: "Erstens gibt es zu den wenigsten Gebäuden eine aktuelle Schätzung von Verkehrs- oder Verkaufswert, und zweitens sind jede Diözese, jedes Stift, sogar jede Pfarre eine selbstständige Rechts- und Wirtschaftseinheit, auch im Steuerrecht. In vermögensrechtlichem Sinn gibt es 'die Kirche' also nicht, sondern einige tausend eigenständige kirchliche Rechtsträger in Österreich."

Denkmalpflege-Zuschüsse nur "Tropfen auf heißen Stein"

In der Regel würden die kirchlichen Vermögensgüter jedenfalls "meist sehr wenig Gewinn erwirtschaften". Die Einrichtungen seien nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern würden ideellen Zwecken wie dem Gottesdienst, der Erziehung, den Kranken dienen. "Daneben gibt es Vermögenswerte, die für die Alters- und Abfertigungsversorgung kirchlicher Mitarbeiter angelegt sind", erklärt Wuthe.

Besonders problematisch sieht er in dem Buch das Kapitel über die Denkmalpflege. Das Bundesdenkmalamt habe mehrfach öffentlich erklärt, dass die Kirchen den Großteil der Denkmalpflege selbst zahlen und staatliche Zuschüsse nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein" seien.

Ein Zinshaus in Hietzing

Und doch investiert die Kirche mitunter kräftig. Jüngstes Beispiel: Die Wiener Erzdiözese erwarb ein Zinshaus in Hietzing. Zwei Millionen Euro wurden für ein Haus samt Grundstück und zwei Geschäftslokalen gezahlt. Aus den Rücklagen, heißt es dazu. Konkret sei es um eine "Wertsteigerung" des benachbarten Grundstückes gegangen. Dieses befinde sich schon seit längerem im Besitz der Erzdiözese, habe aber bislang "über keine geeignete Zufahrt verfügt". Daher jetzt der Zukauf.

Kein Einzelfall, sagt Baumgarten: "Ordensgemeinschaften haben in den vergangenen Jahrzehnten Grundfläche zugekauft - und zwar nicht wenig. Wie solche Käufe ohne Überschuss gehen sollen, ist mir schleierhaft." (Peter Mayr/Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 7.9.2012)