Kein Widerspruch im Laibach-Universum: Die wagnerianische Brachialität wird mit elegischem Synthie-Pop gebrochen.

Foto: Laibach

Wien - Als die Band Laibach 1988 den Rolling-Stones-Hadern "Sympathy For The Devil" coverte, fanden das Kritiker wie Fans der Band naheliegend. Der künstlerische Weg des slowenischen Kollektivs ist nämlich gepflastert mit Verboten, Kontroversen und Anfeindungen - verursacht in erster Linie durch den Vorwurf ästhetischer Nazitümelei.

Eine entlastende Expertise lieferte etwa Slavoj Zizek: Laibach arbeite zwar nicht mit Ironie oder Satire, aber dem Stilmittel der Überidentifikation. Mit Ambivalenzen zu verunsichern und die Kraft der Provokation - allerdings nicht um des reinen Selbstzwecks willen, sondern als "Mimikry", wie Gründungsmitglied Ivan Novak erklärt - sind gewollte Strategien der 1980 im damals jugoslawischen Trbovlje gegründeten Band.

Schon der Name Laibach galt in Jugoslawien als Affront, erst recht Bandlogo oder Liveauftritte mit Uniform und Fanfarenklängen. Anfang der 1980er spielten auch Postpunk-Combos wie Joy Division, DAF oder die Residents mit Versatzstücken des Nazi-Chic. Die Laibach-Mitglieder, eigentlich Teil der Künstlergruppe NSK, vermischten diese politisch unkorrekten Zeichen aber mit solchen aus der Arbeiterkultur sowie aus Kunstbewegungen wie Futurismus, Fluxus, sozialistischem Realismus, Wagnerkult, Volkskunstkitsch und christlicher Symbolik.

In puncto Sound war Laibach von der Bergbaustadt Trbovlje inspiriert: die Geburt des Industrial Sound aus Lärm und Staub. Neuerdings wird die wagnerianische Brachialität immer wieder mit elegischem Synthie-Pop gebrochen - ohnehin kein Widerspruch im Laibach-Universum, wo Pop-Pathos, Marschmusik, Heavy-Metal-Zitate sowie tanzbare Disco- und Techno-Beats zu einem eklektischen Klangteppich verformt werden.

Laibach geht es um eine Auseinandersetzung mit Religion, Krieg, Nationalismus und Kapitalismus. Jedenfalls ist NSK sicher nicht NSU, da passt es, dass die Gruppe zuletzt die Filmmusik zur überdrehten finnischen Naziparodie "Iron Sky" komponiert hat. Beim einzigen Österreich-Konzert am Sonntag dürfen neben Beispielen daraus noch Neuinterpretationen des Frühwerks und Gassenhauer wie "Geburt einer Nation" (Queens "One Vision") oder "Leben heißt Leben" (Steilvorlage von Opus) erwartet werden. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD, 7.9.2012)