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Wie süß labte uns dein Nektar der Unbeschwertheit, als wir sommertrunken durch Wälder irrten, nicht wissend, was Zeit ist.

Foto: AP/SVEN KAESTNER

Pro: Ein Sommer wie damals
Von Ljubisa Tosic

Holde Jugend - du ferner Klang! Wie süß labte uns dein Nektar der Unbeschwertheit, als wir sommertrunken durch Wälder irrten, nicht wissend, was Zeit ist. Ahnungslos auch, wie Besitz zu schmerzen vermag, standen wir plötzlich vor dieser uns überragenden goldblonden Frucht, deren Verlockungen wir freudig erlagen. Wir pflückten gierig, was zu tragen war. Wir schlichen leise zum Fluss, um für die Beute ein Feuerchen zu legen. Und wie es uns später satt heimwärts wehte, ahnte unser bächleinklares Gewissen nicht, dass uns der Bauer verflucht hatte.

Als dann zu jener Unschuldszeit der betrübliche Tag kam, an dem uns das Schuljahr dem Paradies entriss und das wärmende Antlitz der Sonne zur düsteren Fratze der Mathelehrerin wandelte, wussten wir uns Trost. Wir ließen die Wirklichkeit - und unsern Geist wie einen Adler über jenem Sommer kreisen, da uns Abenteuer nährten. Und wie der Frühling in buntem Kleid erwachte, war's vollbracht. Das Paradies der Sommerfrüchte dünkte uns nicht mehr fern. Holde Jugend!

Kontra: Nur Schadenfreude gilt
Von Wolfgang Weisgram

Nein, natürlich geht es nicht um den einen Kolben. Sondern ums Prinzip. Im Prinzip ist nämlich der Bauer - sagt der Landwirtschaftsminister, der es wissen muss - die allerärmste Sau. Und der soll man dann auch noch was fladern? Aber sicher nicht! So hold kann die Jugend gar nicht gewesen sein.

Was wäre denn die Konsequenz so einer Elsterei, die man da nebenstehend noch als Unschuldszeit sich imaginiert? Die Konsequenz des Kukuruzfladerns wäre eine erst allmähliche, später rasantere, insgesamt also exponentielle Zunahme des landwirtschaftlichen Förderwesens, die allen anderen Förderwesen das Wasser abzugraben imstande ist.

Es gibt nur eine einzige Veranlassung, dem Kukuruzfladern das Wort zu reden: die Schadenfreude. Jetzt, da der sommerlich schmackhafte, weißkörnige Kolben angefangen hat, zum gelbstichigen Viehfutter zu werden, darf man den unbedarften Städter zum Fladern anleiten. Damit er und sein Zahnarzt sich's merken. Und dann den armen Bauern in Ruhe seinen guten Biosprit machen lassen. (Rondo, DER STANDARD, 7.9.2012)