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Karl-Heinz Grasser: Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Foto: APA/Fohringer

Wien/Vaduz - Die österreichische Justiz wird in der Causa Buwog weiter auf die im April 2011 bei einem liechtensteinischen Treuhänder beschlagnahmten Akten warten müssen. Das Staatsgericht in Vaduz hat einer Beschwerde gegen ein Urteil des Fürstlichen Obersten Gerichtshofes vom April 2012 teilweise stattgegeben, "eine Ausfolgung der Akten kann somit derzeit nicht erfolgen", hieß es in einer Pressemitteilung der Liechtensteiner Verfassungsrichter. Begründet wird das unter anderem mit der Verletzung der Geheim- und Privatsphäre der Beschwerdeführer. Für Grasser-Anwalt Manfred Ainedter hat das zwar eine Verzögerung zur Folge, da sein Mandant aber ohnehin die Unterlagen der Staatsanwaltschaft übergeben habe, ändere sich an der Sache substanziell nichts.

Ander sieht das SPÖ-Klubchef Josef Cap. Er spricht sich dafür aus, dass das Justizministerium nun Druck macht. "Das kann man auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit erwarten, dass Liechtenstein das macht und sich international nicht als Beschützer mutmaßlicher Rechtsbrecher darstellt", wird Cap im "Kurier" zitiert. Die Staatsanwaltschaft bleibe an dem Fall dran, beruhigte ein Sprecher von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP).

Schriftliche Entscheidung folgt

Die Liechtensteiner Richter werden ihre Entscheidung schriftlich erst in zwei Wochen vorlegen. Sie begründeten ihren Spruch damit, dass nur ein Teil der Akten an Österreich übergeben werden dürfe, die Vorrichter aber die Ausfolgung des gesamten Aktes beschlossen hätten.

Das Staatsgericht teilt zwar die Meinung des Obersten Gerichtshofes, dass "vorexistierende Klientenakten" beschlagnahmt werden dürften - "im Gegensatz zu Dokumenten, die während des Mandatsverhältnisses entstanden sind". Unter vorexistierenden Klientenakten wird Material verstanden, das dem Wirtschaftsprüfer vom Klienten zur Prüfung übergeben worden ist.

Aber: "Auch wenn es sich bei dem beschlagnahmten Aktenkonvolut größtenteils um vorexistierende Akten handelt, war die angefochtene Entscheidung des Fürstlichen Obersten Gerichtshofes trotzdem aufzuheben, da gemäß der angefochtenen Entscheidung auch während des Mandatsverhältnisses entstandene Akten ausgefolgt werden sollten." Diese "privilegierten Akten" müssten daher in einem zweiten Verfahrensgang ausgesondert und an die Beschwerdeführer zurückgegeben werden. 

Heimische Ermittler müssen weiter warten

Die österreichischen Ermittler erhofften sich, aus den Unterlagen neue Aufschlüsse über mögliche Provisionsflüsse an Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser in Zusammenhang mit der Buwog-Affäre zu erhalten. Grasser bestreitet, von der Millionenprovision profitiert zu haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verwies darauf, dass die Entscheidung des Liechtensteiner Staatsgerichtshofs nicht endgültig sei. "Die Entscheidung, ob wir die Unterlagen erhalten, ist derzeit nur aufgeschoben", sagte ihr Sprecher.

Die Vorsitzende des Korruptions-Untersuchungsausschusses, die Grüne Gabriela Moser, bezweifelt, ob ohne die Akten aus Liechtenstein eine Anklage Grassers in der Buwog-Affäre möglich wäre. "Die juridische Schiene in Richtung Anklage oder nicht hängt sehr stark von diesem Aktenmaterial ab", sagte sie. Die politische Verantwortung Grassers für den Skandal hält Moser dagegen ohnehin schon für geklärt.

Ermittlungen seien tot

Ainedter hingegen sieht durch den Entscheid des Liechtensteiner Staatsgerichts nur Verzögerungen, die der Sache nichts Gutes tun. Auf das Verfahren habe die Akten-Affäre in Liechtenstein keinen Einfluss, denn Grasser habe seine Unterlagen der Staatsanwaltschaft vor zwei Jahren bereits zur Verfügung gestellt, betonte der Anwalt. Zudem sei es in den vergangenen Monaten zu einem Stillstand bei den Ermittlungen gekommen. "Da tut sich gar nix", sagte der Anwalt am Mittwoch.

Es habe keine Geldflüsse von Meischberger oder anderen Personen an Grasser gegeben. Deshalb könne er nicht nachvollziehen, was sich die Staatsanwaltschaft von den Unterlagen erhoffe.

Zweifel an juristischen Grundlagen

Zweifel lässt das liechtensteinische Gericht daran erkennen, ob die juristischen Grundlagen für das Rechtshilfeansuchen Österreichs überhaupt gegeben sind: Es gebe Begründungsmängel in der angefochtenen Entscheidung, "insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die dem Rechtshilfeersuchen beigefügte österreichische Beschlagnahmeanordnung eine genügende Grundlage für die Gewährung der Rechtshilfe bildet." Der Fürstliche Oberste Gerichtshof werde sich in einem zweiten Verfahrensgang "auch mit diesem Begründungsmangel zu befassen haben". Dazu erklärte die WKStA: "Aus unserer Sicht ist das ein ordnungsgemäßes Rechtshilfeersuchen."

Die Ausfolgung der Unterlagen an Österreich bekämpfte der Treuhänder bis zum Obersten Gerichtshof in Liechtenstein, wo er im Mai eine Niederlage erlitten hatte. Als letzte innerstaatliche Möglichkeit in Liechtenstein legte er danach Beschwerde beim Staatsgerichtshof ein, was in Österreich einer Verfassungsklage mit behaupteten Grundrechtseingriffen entspricht. (APA, 5.9.2012)