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Früher war es für Rothirsche von Vorteil, mutig davonzurennen. Heute ist diese Strategie aufgrund der modernen Jagdausrüstung eher tödlich.

Foto: Patrick Pleul dpa/lni

Seit Jahrtausenden greift der Mensch auf verschiedenste Weise in die Evolution der Lebewesen ein. Viele Arten wurden durch Bejagung ganz ausgerottet. Bei anderen Tierarten veränderte sich die äußere Form durch die Interaktion mit dem Menschen. Nun haben kanadische Biologen eine besondere Beobachtung gemacht: Allem Anschein nach hat die Jagd mit Pfeil und Bogen bei Rothirschen zu einem Persönlichkeitstyp geführt, der heute angesichts der Jagd mit Gewehren kontraproduktiv ist.

Für ihre Studie, die im Fachjournal "Proceedings B" der britischen Royal Society erschien, statteten die kanadischen Forscher 122 Rothirsche im kanadischen Teil der Rocky Mountains mit Sendern aus und beobachteten die Tiere von 2007 bis 2011. Von den 45 Männchen im Alter von zwei Jahren wurden in diesem Zeitraum 15 erschossen.

"Männliche Rothirsche, die erfolgreich gejagt wurden, hatten auf die Jäger reagiert, indem sie sich schneller fortbewegten als die überlebenden Hirsche, vor allem am Wochenende, in der Nähe von Straßen und in flacherem Terrain", schreibt das Team um Simone Ciuti von der Uni von Alberta. Die Biologen um Simone Cuti nannten diese Tiere "kühne Läufer" - im Gegensatz zu den "sich scheu Versteckenden". Die Forscher gehen davon aus, dass die Persönlichkeit für diese Verhaltensmuster sorgt, weil die Unterschiede hinsichtlich der Bewegungsrate zwischen den einzelnen Tieren schon da waren, bevor die Jagdsaison begann. Mit anderen Worten: In Zeiten von Pfeil und Bogen war es ein Selektionsvorteil, ein kühner Läufer zu sein. Deshalb bildete sich dieser Persönlichkeitstyp heraus, der heute im Zeitalter moderner Gewehre deutlich benachteiligt ist.

Bei den Hirschkühen seien die Persönlichkeitsmerkmale weniger eindeutig gewesen. Die Forscher vermuten, dass sie im Laufe der Zeit dazugelernt haben. Unter den weniger erfahrenen Weibchen zwischen zwei und neun Jahren waren - wie bei den Männchen - auch kühne Tiere erlegt worden. Erfahrenere Hirschkühe zwischen zehn und 19 Jahren hingegen waren weniger auffindbar, indem sie langsamer liefen und offene Gegenden vermieden. Sie alle überlebten. (tasch, APA/DER STANDARD, 5. 9. 2012)