So hatten sich die Franzosen die Zukunft nicht vorgestellt, als sie François Hollande Anfang Mai zum Präsidenten machten. Sie waren längst der Allüren von Nicolas Sarkozy überdrüssig geworden und wählten ihn ab - und mit ihm seine Probleme. Doch diese sind hartnäckig geblieben: Der Grande Nation droht ein weltpolitischer Bedeutungsverlust, und auch die sozialen Probleme in den Ballungsräumen, die grassierende Arbeitslosigkeit und der Wettbewerbsnachteil im Industriesektor geben genug Grund zur Sorge.

Die Franzosen haben schnell verstanden, dass auch "Monsieur Normal" keine Wunder wirken kann. Unerwartet schnell präsentieren sie ihrem Präsidenten nun die Rechnung - nach kaum 100 Tagen im Amt: Einbrüche in Umfragen, wie sie bisher noch keiner seiner Amtsvorgänger zu verzeichnen hatte; dazu dutzendweise harsche Kritik der renommiertesten Kommentatoren des Landes. Schuld an allem sei, so die Meinungsforscher, Hollande selbst: Er gehe die Probleme eben allzu zögerlich an.

Nun hat der Präsident endlich den "Kampf um Wachstum, Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit" ausgerufen, um die Stellung Frankreichs als europäische Großmacht behaupten zu können. Hoch an der Zeit, denn Deutschland ist drauf und dran, seine Führungsrolle durch politische Fakten auszubauen und abzusichern. Hollande muss nun beweisen, dass Frankreich diese Steilvorlage parieren kann. (Gianluca Wallisch, DER STANDARD, 4.9.2012)