Jerusalem - Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat der internationalen Gemeinschaft Nachlässigkeit gegenüber dem Iran wegen dessen Atomprogramms vorgeworfen. "Ich denke, wir sollten die Wahrheit aussprechen - die internationale Gemeinschaft zieht keine klare rote Linie für den Iran", sagte Netanyahu am Sonntag zum Auftakt einer Kabinettssitzung. Weil international nicht mit Entschlossenheit gegen das iranische Atomprogramm vorgegangen werde, sehe Teheran auch keinen Anlass, seine Nuklearpläne aufzugeben.

Netanyahu nahm damit auch Bezug auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) vom vergangenen Donnerstag, demzufolge der Iran seine Urananreicherungsanlage in Fordo erweitert hat. Die Zahl der Zentrifugen zur Anreicherung von Uran seien in der unterirdischen Anlage seit Mai auf 2000 verdoppelt worden, hieß es in dem IAEO-Bericht. Netanyahu sagte dazu, gegen Teheran verhängte internationale Sanktionen träfen zwar die dortige Wirtschaft, hielten das Land indes offensichtlich nicht davon ab, sein Atomprogramm auszuweiten.

Frankreich warnt Israel vor Angriff

Dem Iran wird vorgeworfen, heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Der Iran weist das zurück und betont sein Recht auf die zivile Nutzung der Kernenergie. Netanyahu warf dem Iran vor, mit den wiederholten Gesprächsrunden mit der 5+1-Gruppe - die fünf UNO-Vetomächte und Deutschland - lediglich Zeit zu schinden. Die Gespräche über das iranische Atomprogramm brachten bisher keinen Durchbruch.

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius hat unterdessen Israel vor Luftangriffen auf iranische Atomanlagen gewarnt. Zwar sei er vollkommen dagegen, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen gelange, sagte Fabius am Montag den Sendern BFM-TV und RMC. Ein Angriff würde aber "leider" auf Israel zurückfallen, weil der Iran dann in eine Opferrolle geraten könnte. Der Iran würde im Fall israelischer Luftangriffe bei der Bevölkerung der Region "Legitimität zurückgewinnen".

Fabius plädierte erneut für eine Verschärfung der Sanktionen. Zugleich müssten die Verhandlungen mit dem Iran fortgesetzt werden, um die Regierung zum Einlenken zu bewegen. (APA, 3.9.2012)