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"Wir müssen die Zinslast der angeschlagenen Staaten Südeuropas verringern", fordert Spaniens Premier Rajoy.

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Die von OECD-Ökonom Padoan (rechts) geforderten Käufe würden auch Italiens Premier Mario Monti (Mitte) erfreuen.

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Berlin - Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy will die Schuldenkrise mit einem dreistufigen Fahrplan in Richtung Fiskalunion lösen. Als Endpunkt schwebt ihm in fünf bis sechs Jahren die Ausgabe von gemeinsamen Staatsanleihen der Euroländer vor. Kurzfristig machte Rajoy am Wochenende Druck, das Problem der immer weiter auseinanderklaffenden Zinsen im Währungsraum zu lösen. Dabei richten sich alle Augen auf die Europäische Zentralbank (EZB), die voraussichtlich am Donnerstag ihr Konzept für Stützungskäufe von Staatsanleihen vorstellen will. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Industrieländerorganisation OECD forderten, dass Politik und EZB ihren Ankündigungen Taten folgen lassen.

Große Zinsdiskrepanz stößt sauer auf

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel trifft in der kommenden Woche Rajoy in Spanien. Das Land hat an den Euro-Rettungsschirm EFSF/ESM einen Antrag auf Hilfe bei der Sanierung seiner Banken gestellt. Unklar ist, ob Rajoy auch zur Staatsfinanzierung auf die Milliarden des IWF und seiner Europartner zurückgreifen will, um den anhaltend hohen Zinsen am Finanzmarkt auszuweichen.

"Ich werde die Beschlüsse der EZB abwarten und dann eine Entscheidung treffen, die für Spanien und den Euro gut ist", sagte Rajoy der "Bild am Sonntag". Die gegenwärtige Situation mit unterschiedlichen Zinssätzen lasse sich nicht auf Dauer aushalten. Während Anleger beim Kauf als sehr sicher geltender deutscher Papiere teils sogar Verluste in Kauf nehmen, muss Spanien für seine Staatspapiere nahezu sieben Prozent bezahlen.

Fiskalunion vom Schachbrett

Mittelfristig will Rajoy eine Fiskalunion in drei Stufen verwirklichen. Bis 2013/14 sollten die Euroländer Maßnahmen zur Annäherung ihrer Wirtschafts- und Steuerpolitik treffen. Bis 2015/16 sollte dann eine europäische Haushaltsbehörde zur Kontrolle der nationalen Staatshaushalte geschaffen werden. Im dritten Schritt bis 2017/18 sollten verbindliche Budgetziele für den gesamten Euroraum beschlossen werden. Dann könnten Unionsanleihen - auch Eurobonds genannt - ausgegeben werden.

Die Regierungschefs der Eurozone hatten im Juni vereinbart, bis zum Jahresende einen Fahrplan zum Aufbau einer "echten Währungsunion" zu entwerfen. Bausteine dazu sind eine Fiskalunion mit einer stärker verzahnten Haushaltspolitik und gemeinsamen Finanzierungsinstrumenten, eine Bankenunion mit gemeinsamer Aufsicht und eine bessere demokratische Kontrolle.

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), unterstützte Rajoy. "Wir müssen die Zinslast der angeschlagenen Staaten Südeuropas verringern", sagte er dem "Spiegel". "Am besten ginge das mit Eurobonds." Wegen des Widerstandes Deutschlands käme alternativ ein Altschuldentilgungsfonds der Euroländer oder eine Banklizenz für den ESM in Frage. Dieser könnte sich dann bei der EZB Geld leihen, um Anleihen zu kaufen.

EZB muss Karten offenlegen

Weil sich die Euroländer bisher nicht auf eine gemeinsame Strategie gegen hohe Zinsen einigen konnten, bleibt die Rolle des Retters an der EZB hängen. Sie hat sich bereits grundsätzlich zum Anleihenkauf bereiterklärt, aber nur, wenn die gestützten Staaten einen Hilfsantrag beim EFSF/ESM stellen und die damit verbundenen Auflagen in Kauf nehmen. Rajoy sagte, Spanien erfülle die beim Juni-Gipfel genannten Bedingungen bereits. Auch Italien wird als Kandidat für Stützungskäufe gehandelt. Der EZB-Kurs ist umstritten, vor allem die Deutsche Bundesbank ist aus Inflationssorgen dagegen. Der SPD-Politiker Carsten Schneider sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", ohne Kontrolle durch den deutschen Bundestag wären die Käufe undemokratisch. Deutschland haftet mit rund 27 Prozent für die Bilanz der EZB.

OECD-Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan sagte, die EZB solle am besten unbegrenzt Anleihen kaufen: "Je früher, desto besser." IWF-Vizechef David Lipton sagte bei einer Notenbanker-Konferenz in den USA, der EU-Gipfel und die Ankündigungen von EZB-Chef Mario Draghi hätten die Märkte beruhigt. Jetzt sei wichtig, dass Europa beginne, die Dinge auszuführen, die es beschlossen habe.

Dazu gehört auch, den aus dem Ruder gelaufenen Reformkurs in Griechenland zu korrigieren - oder einen Schlussstrich unter die Milliardenhilfe zu ziehen. Der FDP-Chef und deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler bekräftigte, das Land müsse seine Reformzusagen einhalten: "Rabatte auf Reformen kann es nicht geben", sagte er der "Welt am Sonntag". (APA, 2.9.2012)