Bild nicht mehr verfügbar.

Probleme mit gewalttätigen Köln-Fans sind nichts Neues, die letzte gröbere Randale gab es zum Saisonabschluss 2011/12 beim Gastspiel der Bayern.

Foto: APA/EPA

Köln - Wohin geht der 1. FC Köln? Neben der sportlichen Talfahrt des Traditionsklubs in die zweite Liga, wo man nach drei Runden ebenfalls schon wieder auf einem Abstiegsplatz steht, werden auch die Fan-Probleme immer bedrohlicher. Wie Trainer Holger Stanislawski nun bekannt gab, hat Verteidiger Kevin Pezzoni sich nach Drohungen eigener Anhänger dazu entschieden, nie mehr für die Kölner anzutreten. Seiner Bitte um Auflösung des Vertrags wurde entsprochen.

"Da hat eine Gruppe von Menschen dem Spieler Pezzoni in dieser Woche vor dessen Privatwohnung aufgelauert, ihn angepöbelt und ihn massiv bedroht", sagte Stanislawski: "Sie haben Zettel an sein Auto geklebt und ihm klar gemacht, dass sie ihm weh tun wollen. Damit haben diese Leute eine Grenze überschritten." Wenn zu körperlicher Gewalt aufgerufen werde, sagte Stanislawski, könne man "nicht mehr unbeschwert Fußball spielen. Einige Worte, die da gefallen sind, möchte ich nicht wiederholen. Es ist ein Zustand, der sich über längere Zeit aufgebaut hat."

Pezzoni wurde auch im Internet bedroht: User riefen auf einer Facebook-Gruppe dazu auf, den Spieler "aufzumischen". Der 23-Jährige war bereits Anfang des Jahres in einen Zwischenfall verwickelt gewesen: Während der Karnevalstage brach ihm ein Angreifer die Nase. Er absolvierte insgesamt 80 Bundesliga- und 10 Zweitligaspiele für den 1. FC Köln.

"Hoffe, er findet wieder Spass am Fußball"

Stanislawski, der aus seiner Zeit beim FC St. Pauli einen ganz anderen Umgang der Fans mit Spielern gewohnt war, zeigte sich tief getroffen. "Wir haben die beste Lösung für Kevin gesucht. Das war der Abschied. Dabei ging es nicht um finanzielle Dinge. Da muss man Menschlichkeit zeigen. Ich hoffe, er findet wieder Spaß am Fußball."

Pezzonis Teamkollege Christian Eichner erklärte, die gesamte Mannschaft stehe "unter Schock". Er selbst berichtete, er habe im Mai nach dem Abstieg das Stadion aus Sicherheitsgründen im Kofferraum des Autos seiner Eltern verlassen. Als Reaktion wurde ein offener Brief verfasst, in dem es heißt: "Wenn wir als Spieler und als Mannschaft unsere Leistung nicht bringen, nehmen wir die Kritik der Medien und der Fans an. Doch wir lassen als Mannschaft nicht zu, dass einzelne Spieler von einzelnen Chaoten gedemütigt und persönlich angegangen werden."

Verhaltene Kritik am Krisenmanagement der Kölner äußerte Dortmund-Trainer Jürgen Klopp. Der Verein hätte kämpferischer auftreten und sich vor den Spieler stellen müssen: "Ich glaube nicht, dass Kevin den Vertrag auflösen wollte. Ich denke, der Verein war auch daran interessiert, dass das Ganze beendet wird." 

"Neue Eskalationsstufe"

Der Präsident der deutschen Bundesliga, Reinhard Rauball, sieht den deutschen Profi-Fußball nach der Vertragsauflösung des massiv bedrohten Abwehrspielers Kevin Pezzoni beim Zweitligisten 1. FC Köln mit einer "neuen Stufe der Eskalation" konfrontiert.

"Das ist unter keinen Umständen akzeptabel. Jetzt muss endgültig für jedermann klar sein, dass es ab einem bestimmten Punkt keinerlei Toleranz mehr geben kann. Und das ist, sobald Gewalt in welcher Form auch immer im Spiel ist", sagte Rauball der deutschen Zeitung "Welt am Sonntag". Er sei allerdings sicher, dass die Verantwortlichen der Kölner "alle nötigen Konsequenzen" aus dem Fall ziehen werden.

Gleichzeitig glaubt Rauball, durch den Vorfall auch in Sicherheits-Diskussionen mit den Innenministern - etwa beim umstrittenen Thema der Stehplatzverbote in den Bundesligastadien - in eine ungünstige Position zu geraten. "Wir, Vereine und Verbände, kämpfen schon an allen Fronten mit diesen Themen. Die Vereine stehen sehr stark unter dem Druck der Innenminister, und ich weiß nicht, wie lange wir dem Druck standhalten können, wenn wir derartige Dinge, die uns dann vorgehalten werden, immer wieder haben", sagte Rauball am Sonntag. (sid/red, 1.9. 2012)