Schulsport im internationalen Vergleich.

Grafik: DER STANDARD

Es soll vorkommen, dass der Rechnungshof etwas kritisiert, und es ändert sich gar nichts. Die Kürzung der Unterrichtsstunden 2003 geht vielfach zulasten des Sportunterrichts - das ist eine solche Kritik gewesen. Den Turnunterricht in den Volks- und Hauptschulen hat sich der Rechnungshof etwas näher angesehen und bekrittelt, dass ihn allzu oft Lehrer übernehmen (müssen), die mit dem Sport genau gar nichts am Hut haben. Das Unterrichtsministerium hat die Kritik nicht etwa völlig ignoriert, sondern auf "Initiativen" hingewiesen - und die Zahl der Schulturnstunden beibehalten.

Volksschüler kommen in den ersten zwei Klassen auf je drei, in der dritten und vierten Klasse auf je zwei Turnstunden pro Woche. "So wird", sagt Otmar Weiß vom Zentrum für Sportwissenschaft und Universitätssport der Uni Wien, "das goldene motorische Lernalter nicht genutzt. Damit leiden auch der Stellenwert und die Anerkennung des Sports." In Haupt-, Mittel- und Berufsschulen sieht es oft noch schlechter aus. Womit sich letztlich ein Zusammenhang zwischen Schulsport und Erfolg oder Misserfolg (siehe London!) heimischer Spitzensportler herstellen lässt. Viele Experten sehen ihn, Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) sieht ihn nicht.

Freilich ließe sich, behauptet Schmied, die vielfach geäußerte Forderung nach einer täglichen Turnstunde an der von ihr propagierten Ganztagsschule vergleichsweise rasch umsetzen. Für die ÖVP war es indes ein Leichtes, sich von Schmied und ihrem Parteikollegen Norbert Darabos, dem Sportminister, ein Konzept zur Sportförderung in jungen Jahren zu wünschen. Die mächtige Bundes Sport Organisation (BSO), der mit Peter Wittmann ein weiterer Sozialdemokrat vorsteht, kündigte beim Forum Alpbach eine Unterschriftenaktion für die tägliche Turnstunde an. Wo und wann man unterschreiben kann, wird bei einem großen gemeinsamen Termin mit beispielsweise dem Skiverband und dem Fußballbund am 7. September in Wien bekanntgegeben.

Von einer Volksbefragung, deren Ergebnis für die Regierung bindend wäre, ist zwar nicht die Rede. Doch angesichts der Tatsache, dass die BSO mit den knapp 70 Sportverbänden, die ihr angehören, drei Millionen Mitglieder versammelt, könnten viele Unterschriften zusammenkommen. Volleyball-Verbandspräsident Peter Kleinmann: "Der Sport ist die größte gesellschaftliche Schicht im Land, erstmals erhebt er eine gemeinsame Forderung an die Politik. Wir machen uns stark für die Gesundheit unserer Kinder." Um diese Gesundheit ist es nicht gut bestellt, wie 2010 die "Health Behaviour in School-aged Children Study" ergab. Ihr zufolge bewegen sich die Elf- bis 15-Jährigen in Österreich insgesamt viel zu wenig, sie werden immer dicker, was das Gesundheitswesen immer mehr kostet. Ein bisserl Fangerlspielen in der großen Pause ändert daran gar nichts. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 1.9.2012)