Salzburg - Ja, die Frau Netrebko - zu ihr und zu dem Vorwurf, er würde nur Stars engagieren, möchte Intendant Alexander Pereira auch etwas sagen: "Wenn ich die beste Sängerin für die "Bohème"-Mimi holen kann, warum sollte ich die zweitbeste engagieren? Klar muss man so jemanden auch bitten, jedes Jahr wiederzukommen", so Pereira, der sichtlich mit den vielen Kommentaren hadert, die ihm in seinem ersten Salzburg-Jahr so über den Magenweg liefen: "Ich fühle mich mehr geohrfeigt, als ich es verdient habe."
Unter den Vorhaltungen auch solche im Umfeld der Begriffe "geringe Auslastung". Dazu die Fakten: Die Auslastung ist gegenüber 2011 um fünf Prozent auf 90 Prozent gesunken. 240.000 Besucher haben 251 Veranstaltungen besucht. Rechnet man drei Benefiz-, zwei Open-Air- und 42 Sonderveranstaltungen dazu, ergibt sich eine Gesamtzahl von fast 279.000. Dies bedeutet einen Salzburger Zuschauerrekord. Die niedrigere Auslastung wird damit erklärt, dass man mit 265.000 Karten um 42.000 Karten mehr aufgelegt habe als im Vorjahr. Der Überschuss betrage - bei Karteneinnahmen von etwas mehr als 28 Millionen Euro - jedenfalls 1,4 Millionen, so Präsidentin Helga Rabl-Stadler. Pereira korrigierte: So man den Überschuss aus den Pfingstfestspielen (70.000) und die letzten Festspieltage (30.000) dazuzähle, ergäbe sich sogar eine Summe von 1,5 Millionen Euro.
Pereiras Analyse: "Wir haben mit der 'Ouverture spirituelle' einen stillen Weg gefunden, die Festspiele zu beginnen." Darauf sei er stolz, wie auch auf die Tatsache, dass man mit dem Vorspiel auf der Titelseite der "New York Times" gelandet sei. Bei den letzten beiden Tagen, die (samt Ball) auch eine Verlängerung der Festspiele darstellen, würde es eine Auslastung von 90 Prozent geben. Die für den Fremdenverkehr Verantwortlichen mögen also, so Pereira, die Gesamtverlängerung nicht als sinnlos brandmarken. Sie würde ihnen an die 50.000 Kunden und eine Umwegrentabilität von bis zu 55 Millionen Euro bescheren.
Zum Theaterursprung
In Hinkunft würde das Festival jedoch nicht ausgeweitet. Hingegen kämpft Pereira - nun zuversichtlich - um eine Subventionserhöhung, die jene durch Kollektivverträge ausgelösten jährlichen Gehaltssteigerungen endlich berücksichtigt. Theaterchef Sven-Eric Bechtolf seinerseits vertei digte die "Besinnung auf den Ursprung des Theaters" und die "undogmatische Abkehr vom postdramatischen Mainstream" und wunderte sich über den Mangel an Publikumskontroversen.
In Summe tröste man sich mit Bechtolfs Resümee: "Wir haben die Kritik gespalten, aber das Pu blikum geeint." Ja, und bezüglich 2013 hofft Pereira, dass György Kurtág mit seiner ersten Oper fertig wird. Sollte "die Weltsensation" (Pereira) nicht gelingen, hätte er einen Alternativplan. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 1./2.9.2012)